Immer wieder taucht diese Frage auf, wenn wir von unseren Projekten sprechen: Warum arbeitet ihr denn so oft nur mit den Frauen?
Die kurze Antwort darauf ist: Weil sie die sind, die fast immer alles in ihre Familie und ihre Kinder investieren. Aber das ist etwas kurz gegriffen.
Grundsätzlich ist es noch ein langer Weg zur tatsächlichen Chancengleichheit der Geschlechter in Tansania. Wenn eine Familie das Geld für den Schulbesuch eines ihrer Kinder zur Verfügung hat, wird es meist ein Sohn sein, allein schon deswegen, weil viele der Töchter vermutlich nicht mehr (außerhalb des Haushalts und der eigenen Landwirtschaft) arbeiten werden sobald sie Kinder haben. Das ist ein nachvollziehbarer Gedankengang – allerdings ist es mehr und mehr so, dass auch die Frauen einen größeren Beitrag am Erwerbseinkommen der Familie erwirtschaften.
Die Bildungssituation ist aber nur ein Teil des Problems. Frauen werden häufig bei Erbfragen komplett übergangen (sowohl Töchter, als auch Witwen). Trennungen bei unverheirateten Paaren sind nicht selten und Ansprüche auf Unterhalt gibt es de facto nicht. So sitzt eine Frau oft mit ihren Kindern in der Armutsfalle fest, wenn der Partner sie verlässt oder (und das hören wir deutlich häufiger) die Frau samt Kindern aus dem Haus jagt.
Und so haben wir in den letzten Tagen wieder mit Frauen gesprochen, die in genau dieser Situation sind und waren. So zum Beispiel heute, als wir 2 Frauen besucht haben, die beide mit ihren Kindern vor dem Nichts und auf der Straße standen – nachdem klar war, dass sie HIV positiv sind. Beide leben bis heute von der Hand in den Mund.
Was hier dringend Not tun würde: eine Form der Notunterbringung und dann ein Plan für ein eigenständiges Einkommen. An der Notunterkunft arbeiten wir noch (dazu später mehr), Unterstützung für konkretes Einkommen gibt es schon-
Was sich hier durch Projekte verändern kann, das zeigt das Beispiel einer Frau aus unserem Reisanbauprojekt:
Zakhia wurde mit ihren 2 Kindern von ihrem Mann verjagt. Sie stand vor dem Nichts. Kein Zuhause, kein Einkommen, keine Perspektive. Heute steht die junge Frau auf einer Baustelle. Es ist ihre Baustelle. Hier entsteht ihr Haus, das sie sich durch ihre eigene Arbeit auf den Reisfeldern erwirtschaftet hat und zwar in nur 3 Jahren. Sie hat gespart und gemeinsam mit den anderen Frauen im Projekt unter Hilfe und Anleitung von unserem Projektkoordinator Moses Subert, eine kleine Genossenschaftsbank gegründet. Dieses Jahr bekommt sie ihren Anteil ausbezahlt und damit wird sie weiter bauen. Im Moment lebt sie mit den 2 Kindern in dem einen Raum der schon fertig gestellt ist. Den Stolz und die Zufriedenheit über diesen Erfolg kann sie nicht verbergen, auch wenn sie vorher beim Treffen in der Gruppe noch sehr schüchtern und zurückhaltend war. Und schließlich, am Ende unseres Besuches sagt sie etwas, das uns alle Innehalten lässt: “Ich möchte, dass junge Mädchen sehen, dass es eine Frau auch alleine schaffen kann, ohne Mann. Dass sie sehen, dass auch eine Frau etwas bewegen und gut leben kann.”
Und das ist wohl die weniger kurze Antwort auf die Frage – darum arbeiten wir so oft mit Frauen.