HIV in Ifakara

Wir wissen, dass HIV und AIDS in Afrika ein großes Problem darstellen. Wir wissen, dass es unglaublich viele Menschenleben fordert. Wir wissen, dass die Zahl der infizierten Menschen die Grenzen des Vorstellbaren sprengt.

Das alles ist uns klar – aber es bleiben Zahlen und es bleibt ein Geschehen in einer uns fernen Welt. Was es aber in diesem Land tatsächlich heißt, das zeigt sich in den Gesprächen, die wir im Jugendzentrum in Ifakara führen durften. Der Vormittag war geprägt von den Fragen der SchülerInnen der höheren Schulen in Ifakara, die sich mit uns getroffen haben. Es beschäftigt sie v.a., wie sie sich schützen können, vor diesem Virus, das hier ganze Familien auslöscht. Es zeigt sich, HIV ist auch hier kein Tabuthema mehr und es ist erstaunlich wie offen die Jugendlichen sich trauen ihre Fragen zu stellen… auch Fragen zum Umgang mit Kondomen. Der Umgang mit dem Thema hat sich gewandelt.

Am Nachmittag sind es dann wieder die TeilnehmerInnen unseres Schneiderei-Projekts, alle HIV-positiv. Sie erzählen uns davon, wie sich ihr Leben verändert hat, seit sie von ihrer Infektion wissen. Viele von ihnen haben es gemerkt, weil sie immer öfter krank oder auch als sie schwanger wurden, denn hier in Tansania werden alle schwangeren Frauen, die ins Krankenhaus kommen, auf HIV getestet. Ein Schock war es für alle und auch für ihre Familien. Was sie seither in ihren Familien erlebt haben stimmt uns alle sehr nachdenklich. Eine Frau erzählt, dass ihr Mann sie noch am selben Tag verlassen hat. Seitdem muss sie nicht nur mit ihrer Erkrankung zurechtkommen, sondern auch den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder allein verdienen. Ihre einzige Unterstützung: eine Freundin, die zu ihr hält und sie unterstützt. Auch sie ist Teil des Gruppe, auch sie ist HIV-positiv. Sie sind jetzt eine Familie, sie halten zusammen.

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Andere erzählen, dass sich ihre Familie von ihnen abgewandt hat, einige sind noch geduldet, müssen aber abseits der anderen schlafen, dürfen nicht mit ihnen essen, ihre Kleidung separat waschen und was sie kochen, wird von den anderen nicht angerührt. Auf die Frage, ob ihre Familien wissen, welche Alltagshandlungen gefährlich und ansteckend sein können und welche nicht kommt die Antwort prompt: Nein. Die Gruppe erklärt uns, dass es zwar Schulungen für die Leiter des Dorfes gebe, das Wissen aber nicht bei den Menschen ankommt.

Sie erwarten sich viel von unserem Projekt – denn es gibt keinen Bereich ihres Lebens, in dem es nicht Bedarf für Verbesserung gibt. Gesundheit, Finanzen, Familie, … alles schafft Probleme.

Ihre Ausbildung im Schneiderei-Projekt ist ein Anfang – ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit und vielleicht ein erster Schritt in eine Zukunft mit weniger Sorgen!

Farming is Charming

Es ist immer ein kleines Event für die BewohnerInnen Ifakaras, wenn wir als Gruppe „Wazungu“ („Weiße“) mit den Fahrrädern unterwegs sind. Besonders die Kinder sind begeistert; sie lachen, winken und rufen uns „piga picha“ („mach ein Foto“) zu. Barfuß und oft mit zerrissener Kleidung sitzen sie am Straßenrand und doch strahlt das Lächeln aus den schmutzigen Gesichtern.

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Wir sind unterwegs nach Katindiuka, einem Ortsteil von Ifakara, indem es besonders viele Felder gibt. Unser Ziel ist die Primary School und schon kommt sie in Sicht- v.a. aber in Hörweite. Wir hören Frauen singen und das traditionelle Freudengeschrei „Kigelegele“. Es sind die Frauen aus unserem Landwirtschaftsprojekt, die uns überschwänglich singend, tanzend und schreiend begrüßen. Der Staub wirbelt um die Frauen in ihren bunten Tüchern und jede der Bäuerinnen begrüßt uns mit Handschlag. Nach einem kurzen Blick auf die Baustelle an der Schule (ein neuer Klassenraum entsteht hier, dank der Sammelaktion des BRG/BORG-Landeck), die wir aber ein anderes Mal mit dem Schuldirektor besuchen werden, setzen wir uns in eine der Klassen.

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Die 14 Frauen beginnen zu erzählen. Seit Jahresanfang sind sie in unserem Landwirtschaftsprojekt „Farming is Charming“, das dank der großzügigen Spende der Firma „Landmaschinen Mayer“/“Siloking“ aus Tittmoning begonnen hat. In diesem Projekt wird für jede der Frauen 1ha Ackerland mit neuen Anbaumethoden, gezielter Düngung und Schädlingsbekämpfung bearbeitet. Zusätzlich bekommen die Frauen Schulungen zu diesen Themen. 3 Jahre lang bleibt jede Frau im Projekt, und jedes Jahr erhöht sich der Eigenbetrag, den sie selbst einbringen. Jetzt ist es Zeit für die erste Ernte und damit für eine Zwischenbilanz. Mehr als die Hälfte aller Teilnehmerinnen haben bereits geerntet, die anderen sind gerade dabei zu ernten. Wir sind gespannt, wie der erste Zwischenstand ausfällt …

Sie erzählen uns von den Überschwemmungen im heurigen Jahr, die die Ernte vieler Menschen komplett vernichtet haben – für viele die absolute Katastrophe!

„Unsere“ Frauen aber ziehen eine andere Bilanz: Stolz erzählen sie uns von ihren Erfolgen! Bis zu 2,5mal so viel haben sie ernten können! Die Freude darüber ist riesengroß. In einem Jahr, indem fast alle Verluste hinnehmen mussten, haben sie eine Steigerung ihres Einkommens geschafft.  Es ist bewegend und beeindruckend zu hören, was einige der Frauen zu erzählen haben. Fast alle von ihnen sind Witwen oder Alleinerzieherinnen und damit ist ihr Einkommen gleichzeitig das Familieneinkommen.  Immer wieder beginnt das Freudengeschrei während der Erzählungen zwischen den Erzählungen.

Amina ist eine der Frauen mit der ertragreichsten Ernte. Die 2-fache Mutter erzählt uns, was sich für sie verändert hat. Vor dem Projekt hat sie eine Mahlzeit am Tag einnehmen können – jetzt sind es 3! Solche und ähnliche Geschichten hören wir von jeder Bäuerin. Inzwischen haben sie sogar begonnen einen Teil ihres zusätzlichen Einkommens zu sparen – jede Woche zahlen sie etwas in eine gemeinsame Kasse ein, aus der sich jede Frau einen Kredit geben lassen kann, der mit Zinsen zurück gezahlt wird.

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Die Freude über unseren Besuch ist groß – gerne berichten die Frauen, was sich in den letzten Monaten getan hat und sie bedanken sich überschwänglich, auch mit Geschenken für uns und den Hauptsponsor „Landmaschinen Mayer“ in Deutschland.  Singend und tanzend werden wir zu unseren Fahrrädern begleitet.

Solche Begegnungen, solche Ergebnisse – das sind ganz besondere Momente, die uns zeigen: Auch mit kleinen Mitteln kann man für einzelne Menschen große Veränderungen herbeiführen. Ein großes „ASANTE“ („DANKE“) an unsere UnterstützerInnen!

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Lernen sich seine eigenen Träume zurecht zu schneidern

Ein Gastkommentar von René Siegele

Nachdem uns Moses gestern bereits mit einem bis Sonntag durchgeplanten „Timetable“ ins Staunen versetzt hat, bekamen wir heute Vormittag einen Einblick in das hervorragend geführte Office der „Freunde von Ifakara“. Faidha und Moses stellten dabei ihre Projekte vor und berichteten äußerst detailliert von ihren Tätigkeiten und auch Träumen für die Zukunft. Allein bei den Berichten wurde uns allen klar, dass sowohl Faidha als auch Moses einerseits ihr Herzblut in ihre Aufgaben stecken und andererseits dankbar sind, dass ihnen durch den Verein diese Chance gegeben wird. Im Gespräch mit uns machten sie auch deutlich, welche Ergebnisse sie bereits in kurzer Zeit erreicht hatten und wie weiter daran gearbeitet werden kann, diese Erfolge und die Umsetzung ihrer Träume zu vergrößern.

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Besonderen Eindruck erweckten die von Faidha erarbeiteten Grafiken zum Thema „Ursachen und Umgang mit HIV“. Johannes erhielt von Moses aber auch eine detaillierte Budgetaufstellung mit Rechnungen zu allen Ausgaben betreffend das Landwirtschaftsprojekt. Moses berichtete uns von seiner durchgeführten Umfrage bei den unterrichteten Frauen, aus der sich ergibt, dass teilweise eine Steigerung der Ernte auf das 1,5-fache erzielt werden konnte – bei gleicher Anbaufläche.

Gegen Ende des Informationsaustausches übergab Johannes die Gastgeschenke – hier ist es üblich, dass Gäste ihren GastgeberInnen Geschenke mitbringen. Von Jutta aus Bayern konnte er die „real gewordenen Träume“ übergeben. Aber besonders freute sich Faidha über den traditionellen Trachtenschmuck aus Europa. Moses muss mit seinem Landwirtschaftsprojekt natürlich sehr viel Zeit draußen im Gelände verbringen. Da kommen die neuen Bergschuhe gerade richtig und er  hat nun festes Schuhwerk um auf dem nicht immer einfachen Boden der Tatsachen in Ifakara sicher aufzutreten.

 

Nach dem typischen Mittagessen (v.a. Reis) und einem richtig guten Kaffee von Barista Martin machten wir uns nachmittags auf den Weg um das von Faidha geleitete Schneidereiprojekt zu begutachten. Moses hatte für uns Fahrräder organisiert und so schlängelte sich unser Trupp unter seiner Führung durch den noch gewöhnungsbedürftigen Linksverkehr.

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Da Faidhas Zuhause auf dem Weg lag, konnten wir so auch noch ihre Familie und ihre süße zweijährige Tochter Aida kennenlernen. Für eine alleinerziehende Mutter ist es in Tansania nicht einfach ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und jede Hilfe ist willkommen.

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Etwas später waren wir angekommen. Uns erwarteten circa 15 Frauen und der Besitzer der Schneiderei. Bei diesem Projekt werden HIV-infizierte Frauen als Schneiderinnen eingearbeitet und ihnen dadurch die Möglichkeit gegeben, Geld für Nahrung, Kleidung  oder ihre Familie zu verdienen.

Kaum angekommen wurden uns die ersten Erzeugnisse unter die Nase gehalten und später auch als Geschenk an Carina und Petra übergeben. Nach einer überschwänglichen Begrüßung und Vorstellung führte Petra mit Moses Unterstützung ein paar Interviews mit einzelnen Frauen. Durchwegs konnte heraus gehört werden, dass die Frauen froh sind, durch diese Arbeit ihre Familien unterstützen zu können und wieder ein wichtiges Mitglied der Familie zu sein. Meist kommt es nämlich vor, dass die HIV-Infizierten von ihrer Familie regelrecht ausgeschlossen und komplett allein gelassen werden.

Im Gespräch mit der Gruppe konnte Barbara auch gleich ihre Erfahrungen einbringen es wurden ihre Nähtipps von der wissbegierigen Truppe regelrecht aufgesaugt und gleich in die Tat umgesetzt. Zu sehen, mit welchem Enthusiasmus hier alle bei der Sache sind, macht deutlich, dass dieses Projekt weiter gefördert und unterstützt werden muss.

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Wir sind gelandet und angekommen!

Nach einem langen, aber guten Flug sind wir gestern Nachmittag in Dar-es-Salaam gelandet.

Dar ist eine unglaublich geschäftige Stadt und versinkt im Verkehrschaos. DSCN8237

Nach mehreren Stunden im Stau haben wir es geschafft und sind im Mzimbasi Center angekommen. Zumindest war viel Platz im Auto …

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DSCN8239Heute um 4:45 Uhr war es dann soweit: endlich geht’s auf nach Ifakara! Dank der relativ guten Straßenverhältnisse (70 km sind zwar nicht geteert, aber frisch eingeebnet) waren wir schon nach 7 Stunden in Ifakara – eine sehr kurze Reise für die rund 450 km. Bei der Fahrt durch den Mikumi National Park, war eigentlich schon fast alles zu sehen, was die afrikanischen Steppe zu bieten hat: Antilopen, Zebras, Gnus, Paviane, Giraffen und natürlich Elefanten!

Aber auch Ifakara hat viel zu bieten: vor allem gute Freunde! Der Empfang war mehr als herzlich und schon während der Fahrt haben wir immer wieder Nachrichten bekommen, wo wir sind und wann wir ankommen werden. Viele altbekannte Gesichter und natürlich die beiden Angestellten unseres Vereins: Faidha und Moses.

Nach einem kurzen Mittagessen machen wir uns mit ihnen auf den Weg zum Markt – Obst, Gemüse, Schuhe aus alten Autoreifen … es ist laut, bunt und man hat das Gefühl in Afrika angekommen zu sein. Es ist das Afrika, das man sich vorstellt, aber irgendwie doch ganz anders. Fernsehbilder werden dem bunten Treiben nicht gerecht – es gibt wunderbares Obst und Gemüse und die kreativsten Wege vermeindlichen Müll zu verarbeiten, wie diese Flip-Flops aus alten Autoreifen!

Wir sind angekommen und freuen uns auf spannende Tage!

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Auf Wiedersehen Europa …. Afrika wir kommen!

Morgen ist es soweit: wir fliegen wieder nach Tansania!

 

Von einer wunderschönen Hochzeit gestern Abend – ganz im Zeichen der Trachten – machen wir uns morgen Abend auf den Weg nach Tansania ….

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… und auch diesmal wird die Reise wieder über diesen Blog mit zu verfolgen sein (soweit es das Stromnetz zulässt). Wir freuen uns auf viele spannende Begegnungen und sind gespannt, was sich in unseren Projekten seit Herbst getan hat!

 

 

Aber zuerst muss gepackt werden … noch ist nicht alles in den Reisetaschen, aber ein Anfang ist gemacht!

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Und dank der Erinnerung eines lieben Kollegen ist auch die Zahnbürste dabei! Danke, Thomas!

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