Fachkräfte – auch hier gefragt

Gleich von Anfang an hat sich der Verein der Freunde von Ifakara um das Thema “Bildung” bemüht. Die Stipendien Programme des Vereins helfen jungen Menschen bei einem besseren Start in ihre berufliche Zukunft. Dabei geht es für uns nicht nur um klassische akademische Berufe,  sondern auch um Berufe, die in Deutschland und Österreich Ausbildungsberufe sind. Diese Fachkräfte und Handerwerker sind auch in Tansania sehr gefragt.

Einer unserer Stipendiaten ist der 20 jährige College Student Elineema, der in seinem letzten Jahr des “berufsorientierten College für Metallverarbeitung” ist. In seinen Ferien hat ihm unser Projektleiter Moses einen Praktikumsplatz in der regionalen Hauptstaft Morogoro besorgt.

Der Betrieb stellt alles mögliche her von Aluminumfenstern, Metallbetten und Küchen bis hin zu Sielgeräten und Metalltreppen. Der junge Student kann hier sehr viel lernen, meint er – der Betrieb ist bekannt für die saubere und hochwertige Arbeit. Und der Chef stellt ihm ein sehr gutes Arbeitszeugnis aus. Elineema sei sehr fleißig und wolle alles verstehen und lernen, erzählt er uns in seinem kleinen Büro an einer Nebenstraße direkt neben der Schweißerwerkstatt. Hier wird hart gearbeitet – für mitteleuropäische Verhältnisse wird der Arbeitsschutz vielleicht etwas vernachlässigt, aber man kann nicht alles haben. Und auch Elineema zeigt uns, was er gelernt hat.

Und die Chance auf diese Ausbildung für ihn nicht selbstverständlich. Die alleinerziehende Mutter konnte kaum die Kosten für das Essen für ihn und seine 2 Geschwister auf den Tisch bringen, obwohl sie immer hart dafür gearbeitet hat. Aber die eigenen Felder haben wenig abgeworfen – eine Ausbildung hatte sie nicht. Ohne die Hilfe wäre er jetzt wohl in Ifakara und würde auf dem Feld arbeiten oder nichts tun – Jobs ohne Ausbildung gibt es nicht wirklich, zumindest keine, die genug zum Leben einbringen, meint der junge Mann. Nächstes Jahr um diese Zeit können wir ihn hoffentlich schon in einer fixen Arbeitsstelle besuchen – vielleicht sogar hier, meint der Chef des Betriebs.

Geschenkt

Nachdem heute besonders viele Anfragen für Unterstützung bei uns eingegangen sind, hier ein paar Gedanken dazu.

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Während unseres Aufenthaltes in Ifakara kommen immer wieder Menschen auf uns zu mit der Bitte um Hilfe. Nicht immer kennen wir die Leute, die uns um Unterstützung bitten, aber Verzweiflung und Not treiben Menschen dazu diese Hemmschwelle zu überwinden.

Manchmal wäre es einfacher, die Probleme, die uns so präsentiert werden, mit einer Spende und einem wohlwollenden Nicken abzutun – aber: was passiert in diesem Moment mit diesem Menschen?

Er/Sie wird klein gemacht, ein/e AlmosenempfängerIn.  Das sollte nicht die Lösung sein. Damit wird einmal mehr ein klares Bild transportiert: weiß=reich, schwarz=arm

Doch wir sind nur eines: Menschen – und zwar alle.

Für meinen Geburtsort und den Reichtum der damit einhergeht habe ich keine Leistung erbringen müssen. Es war ein Geschenk. Ebenso, dass ich in einem Land geboren wurde, das seit Jahrzehnten keinen Krieg erleben musste.

In meinem Verständnis erwächst daraus eine gewisse Verpflichtung. Die Verpflichtung zu teilen. Und das Wichtigste daran: dabei immer bemüht zu sein das auf Augenhöhe zu tun. Wohlstand macht einen nicht zu einem besseren Menschen. Der Grundwert eines menschlichen Lebens ist für mich unantastbar und immer der Selbe.

 

Mit diesem Hintergrund versuchen wir hier über Unterstützung für Bildung und mit Projekten im landwirtschaftlichen Bereich, Menschen zu helfen ihre eigenes Einkommen zu erwirtschaften und nachhaltig und langfristig unabhängig ihr Leben frei und selbstständig gestalten zu können – so wie sie es wollen, nicht wie wir es bespenden.

An alle die uns dabei unterstützen: Asante sana – vielen Dank!

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Stolz auf sich selber sein

Heute Nachmittag in Ifakara… Uns gegenüber sitzt ein leicht nervöser junger Mann. Er heißt Stanislaus, ist 21 und hat gerade seinen Schulabschluss gemacht. Form 6, das ist vergleichbar mit Matura-/Abiturniveau.

Heute ist er gekommen um vor allem eines zu sagen: Danke.

In den vergangenen 6 Jahren hat er durch ein Stipendium des Vereins die Möglichkeit gehabt eine “Shule ya Sekundari” zu besuchen, also so eine Art Gymnasium. Sein Vater hat eine kleine Schreinerei und seine Mutter ist Hausfrau und bewirtschaftet die kleinen Felder der Familie, die mit Stanislaus und seinen 3 Geschwistern im Ortsteil Katindiuka in Ifakara lebt. Er ist der Jüngste und auf die Frage, ob denn das Familieneinkommen genug für eine Ausbildung gewesen wäre, schüttelt er nur den Kopf und sagt “Never – niemals”

Er wollte sich bedanken heute, bei uns, stellvertretend für die, die ihn gesponsert haben. Mit dieser Chance auf Bildung habe sich sein Leben grundlegend verändert und er hofft irgendwann selbst in der Lage zu sein für andere Menschen solche Lebensveränderungen herbei führen zu können.

Was er sich für die Zukunft wünscht : “I want to be proud of myself, to be someone someday.” – “Ich möchte auf mich stolz sein, irgendwann jemand sein.” Obwohl er in unsern Augen schon jemand ist, freuen wir uns wenn wir helfen können dieses Ziel zu erreichen.

“Ich bitte Gott um ein langes Leben für dich!”

Sie steht vor unserer Tür; eine große Frau, unsicher lächelnd gibt sie uns die Hand und fragt wer “Dschoane” sei. Ich stelle mich – Johannes – vor und frage was ich für sie tun kann. Sie sagt nur “Mimi Mama Baraka.” (“Ich bin Mama Baraka.”) Sie kommt um sich zu bedanken. Baraka ist einer der Schüler, der von uns ein Stipendium bekommt. Wir haben ihn letztes Jahr kennen gelernt und es war sofort klar, dass man jemand so klugen unterstützen muss. Das haben wir nur all zu gern übernommen. Seit einem Jahr nun, nachdem das Geld nicht gereicht hat für die Schulgebühren. Ein weiteres Jahr hat er noch vor sich.

Zum Glück haben wir gerade Besuch von einer tansanianischen Freundin, die für uns übersetzt. Mama Baraka spricht selbst kein Englisch und es ist ihr wichtig, dass wir verstehen was sie sagt. Das häufigste Wort ist “Asante”,”Danke”. Sie dankt dafür, dass ihr Sohn zum Schule gehen kann, dass er lernen kann, dass er glücklich ist. Er sei der Klügste in der Familie und viel interessierter daran zu Lernen als seine Geschwister. Sie arbeitet als Krankenschwester und kann sich die Schulgebühren nicht leisten und der Vater von Baraka sei insgesamt mit 4 Frauen verheiratet, zahle aber nur für die Kinder der Hauptfrau Unterhalt. Insgesamt hat ihr Mann 25 Kinder.

Und nun sitzen wir da mit dieser Frau, die ihr Leben lang gearbeitet hat, ihre Kinder großgezogen hat und leicht beschämt dafür dankt, dass wir das möglich machen, was für sie unmöglich war. Was sagt man darauf? “Wir tun das gern”? “Keine große Sache”? “Sie müssen mir nicht danken?” Es fehlen Worte. Ihr uns mir.

Ich sage ihr, dass wir uns darüber freuen, dass er so gute Erfolge erzielt, ich sage ihr, dass es schön ist jemanden unterstützen zu können, der so gerne lernt und so fleißig ist. Aber es fehlen die Worte.

Und dann kämpft sie mit den Tränen – als sie sich bedankt, für das was letztes Jahr knapp vor Weihnachten passiert ist. Für die Operation ihres Sohnes, der einen Tumor hatte. Rund 450 € hat die Operation und der Krankenhausaufenthalt gekostet. Geld, das über uns zu ihnen kam, von 2 Leuten aus Europa. 2 Freunde von Ifakara, die gesagt haben, anstatt uns gegenseitig etwas zu schenken, was wir nicht brauchen – schenken wir einem jungen Mann das was er braucht. Sie weiß nicht wie sie sich bedanken soll.

Immer wieder kommt nur der Satz “Ich bitte Gott um ein langes Leben für dich! Du hast meinem Sohn eine Chance gegeben!”

Sie steht auf und geht nach draußen und holt einen Sack voll Reis – einen kleinen, wie sie sagt – 15 kg! Dazu ein kleines Säckchen mit jungem, gerösteten Reis – etwas ganz Besonderes hier! Das sei das Mindeste meint sie, bedankt sich nochmals und wünscht uns eine gute Reise und ein langes Leben.

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PS: Die Frage des Abends: Wie bringen wir 15kg Reis in den Flieger????

Nur die Hoffnung bleibt …

K1024_DSC_00262 kleine Räume in einem Haus – kein Verputz, nur die blanken Ziegel und Zement. Auf 2 Plastikstühlen haben Moses und ich Platz genommen. auf 4 Hockern sitzen Andresa und 3 ihre Kind. Die Gäste müssen auf die „besseren“ Stühle – darauf besteht sie. Sie freut sich über den Besuch sagt sie immer wieder. Ihre Kinder grüßen höflich, sind aber zurückhaltend. Zum ersten Mal sitzt ein Weißer in ihrem Haus.
Andrese ist krank. Man sieht es ihr an. Sie wirkt müde und ausgelaugt. Ihre Krankheit wird nicht vorüber gehen, das weiß sie. Sie leidet an AIDS, so wie viele hier – laut manchen Statistiken sind es rund 45% der Menschen hier. Leider wirkt diese Zahl nicht ganz fern der Realität.
Sie erzählt uns ihre Geschichte. Von der Kindheit im Dorf Kwiro in den Bergen, von ihrer Grundschulzeit und von 9 Unterleibsoperationen in ihrer Jugend. Dann von der Entscheidung weiter zur Schule zu gehen, in Mbeya im Süden des Landes. Und plötzlich wird mein Dolmetscher still. Ihre Kinder sehen zu Boden. Moses spricht langsam und leise, als er übersetzt: Dann kam die Vergewaltigung , die Schwangerschaft und das erste Kind – ihr Sohn, der neben ihr sitzt.
Sie erzählt weiter, vom Vater ihres 2. und 3. Sohnes, der sie dann verlassen hat und mit einer anderen Frau auf und davon war. Dann kamen 2 weitere Kinder mit einem anderen Mann, eines davon lebt bereits nicht mehr.
Irgendwann hat sich der Vater ver beiden älteren Söhne wieder gemeldet, sie zu sich geholt, die ganze Familie, nicht zur Freude seiner Familie, die sich nicht im Haus wollten. Sie wurde schikaniert, musste zT mit ihren Kindern draußen übernachten, vor dem Haus. Er hatte Affären und hat dann eine andere geheiratet und sie musste weg.
An diesem Punkt, schickt sie ihre Kinder nach draußen. Sie sollen das was kommt nicht hören, sich keine Sorgen machen. Sie erzählt uns, wie er sie infiziert hat mit HIV. Erst letztes Jahr hat sie es bemerkt – da war er schon 6 Jahre lang nicht mehr bei ihr.
Die kleineren Kinder wissen es nicht, sollen sich keine Sorgen machen, dass sie bald auch ihre Mutter verlieren könnten. Es gehe ihr gut, sagt sie uns, sie werde wieder stärker und die Virenlast sinke. Trotzdem, an Feldarbeit ist nicht zu denken. Wer soll jetzt die Familie ernähren? Sie ist auf Hilfe angewiesen – Hilfe von Auswärts. In den letzten Jahren haben engagierte FreundInnen aus Österreich geholfen. Sogar Geld für ein Haus haben sie ihr gegeben! Sie ist sehr dankbar dafür!
Was sie braucht frage ich, was sie sich wünscht? Schulgeld für die Kinder, Essen für die Kinder, alles nur für die Kinder. Sie macht sich sorgen, was passiert wenn sie stirbt. Es bleibt ihr nur die Hoffnung, dass ihr Leben besser wird.
Am Ende schenkt sie uns „jungen Reis“, eine Spezialität und teuer. Ich schäme mich. Für meinen Lebensstandart, für meine Hilflosigkeit, dafür, dass ich nicht den Bruchteil ihrer Stärke habe. Ich nehme die Daten der Kinder auf und hoffe jemanden zu finden der/die das Schulgeld übernimmt für die nächsten Jahre. Sie bedankt sich überschwänglich, fällt auf die Knie. Ich schäme mich noch mehr.
Andresa ist kein Einzelfall. Wie sie brauchen viele Menschen hier Unterstützung für ihr Auskommen und Überleben – an diesem Abend weiß ich, warum ich hier bin. Um ihre Geschichte zu erzählen, allen die sie hören wollen. Ich bin hier um Menschen in Europa zu zeigen, warum Projekte für Landwirtschaft und Bildung hier so wichtig sind. Helft uns!