Wanawake wanaweza – Frauen schaffen das!

Foto: Manuela Federl

Zum heutigen Muttertag eine ganz besondere Geschichte aus Ifakara, oder eigentlich mehrere, die ineinander „verwoben“ sind.


Der Weg zu ihrem Haus ist nicht besser geworden, seit unserm letzten Besuch. Durch den Regen ist es sogar noch etwas schwieriger geworden. Wir nutzen Ziegelsteine, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen in dem kleinen Rinnsal ausgelegt sind, das uns von der größeren Straße zu dem einfachen Ziegelbau bringt, den Mama Prisca ihr Zuhause nennt. Vor 2 Jahren haben wir sie besucht. Ein Besuch der uns dankbar und demütig gemacht hat. Die alleinerziehende Frau hatte keine Chance ihren eigenen Traum vom Schulabschluss und einer Ausbildung nicht verwirklichen können und hat alles darangesetzt, dass es ihrer Tochter einmal anders gehen wird. Es ist ihr sicher nicht leichtgefallen, als sie eines Tages zum Büro unserer Partnerorganisation gegangen ist um um Hilfe für das Schulgeld zu bitten. Ihre Tochter, Prisca, hat inzwischen die Schule nicht nur beendet, sondern eine so gute akademische Leistung erbracht, dass sie einen Studienplatz bekommen hat und nun Biologie studieren darf. Sie ist bereits in der Universität, aber telefonisch sprechen wir kurz mit der jungen Frau. Da hellt sich das Gesicht der Mutter kurz auf – sonst bietet ihr Alltag wenig zu lachen. Die Arbeit auf ihren kleinen Feldern ist schwer und ihr einziges anderes Einkommen kommt aus einer Weberei, doch dazu später mehr. Das Einkommen reicht kaum, um über die Runden zu kommen.

Mama Prisca (Foto: Manuela Federl)


Die Frage nach der Unterstützung durch ihre Familie beantwortet sie mit einem leichten Kopfschütteln: „Es gibt nur uns 2, meine Tochter und mich. Natürlich habe ich Verwandte, aber …“ der Satz hängt schwer in der Luft. Sie hat uns bereits letztes Mal erzählt, das das Verhältnis schwierig ist. Sehr schwierig. Diesmal erzählt sie uns, was der Grund war, warum sie sich von dem Vater der Tochter getrennt hat: „Er wollte nicht zahlen für die Schule von Prisca, wollte nicht, dass sie überhaupt hingeht.“ Für eine Frau sei das Geldverschwendung, leider steht er nicht allein mit dieser Meinung. Und seither gibt es nur mehr sie und Prisca, auch wenn die nun die meiste Zeit in der Universitätsstadt Dodoma verbringt. Einmal kommt doch ein Lächeln über ihre Lippen, bei der Zusage, dass wir ihre Tochter auch weiterhin mit unserem Stipendienprogramm unterstützen werden.
Sie will uns zu ihrer Arbeitsstelle bringen. Geschickt geht sie voraus, kennt jeden der Ziegelsteine, der kleinen Sandhaufen, sogar der Hauseingänge, die man braucht, um die Straße zu erreichen. Dann geht es weiter zum Zentrum Ifakaras – zur Weberei, der „Ifakara Women Weavers Association“ (IWWA). Auch hier bahnt sich eine Zusammenarbeit mit unserem Verein an. Die Gruppe ist interessiert und sieht ihr Hauptproblem im fehlenden Markt für ihre Produkte. Die Decken, Tischsets und Schals, die sie von Hand weben sind wunderschön. Alle Frauen hier haben Familien um die sie sich Zuhause kümmern, haben Felder, haben Gemüsegärten, haben jeden Tag Unmengen an Arbeit zu leisten. Viele von ihnen sind alleinerziehend und auf sich gestellt. Die Weberei ist ein gutes Zusatzeinkommen. Sie erklären uns, dass die Weberei von einer dänischen Organisation gegründet wurde und sie die Räume und Webstühle gemeinschaftlich nutzen. Jede der Frauen kauft ihr in Tansania produziertes Baumwollgarn selbst, färbt es hier selbst und webt damit ihre eigenen Produkte. Jedes Produkt ist einer der Frauen direkt zuordenbar und der Verkaufserlös geht an sie direkt. Der große Vorteil dieses Konzept ist, dass sich die vielbeschäftigten Mütter nicht eine fixe Anzahl an Stunden jede Woche freischaufeln müssen, sondern dann produzieren können, wenn sie eben Kapazitäten frei haben. Es ist machbar für sie.

Foto: Manuela Federl


Die Arbeitsleistung von Frauen wird hier, wie leider fast immer und überall auf der Welt, oft nicht gesehen und kaum honoriert. „Das Bisschen Haushalt macht sich von allein, …“, das Lied aus den 70ger Jahren schein noch immer das Motto zu sein – nicht nur in Tansania. Selbst das erste weibliche Staatsoberhaupt im ostafrikanischen Staat hat daran nichts geändert. Die patriarchalen Strukturen sind stark, sehr stark. Besonders hart trifft es alleinerziehende Frauen, das erklärt uns nicht nur Mama Prisca. „Viele Männer behandeln uns, als wären wir nichts wert, denken wir sind Prostituierte. Unser Leben ist hart, ganz besonders hart.“, sie sprechen offen über diese Herausforderungen und Ungerechtigkeiten. Die Gruppe ist füreinander da, die Frauen helfen einander. Der Rückhalt tut ihnen gut, das merkt man. Hier ist ein sicherer Hafen, ein Raum, der nur ihnen gehört. Sie stärken einander den Rücken, sie bieten einander eine Schulter zum Anlehnen, sie meistern das Leben „pamoja“, zusammen. Ein Zeichen der Hoffnung.
Wir freuen uns, dass wir nach intensiven und spannenden Gesprächen mit den Weberinnen darauf mit ihnen gemeinsam neue Wege zu gehen und sie und ihre tollen Produkte zu unterstützen. „Wanawake wanaweza – Frauen schaffen das!“

Foto: Manuela Federl
Einige der Produkte der Weberei (Foto: Manuela Federl)

Und jetzt mal ganz konkret ….

Mit wie wenig man schon viel bekommen kann sehen wir hier jeden Tag,  aber auch,  wie oft selbst dieses Wenige fehlt. Es fehlt vielen am Nötigsten und das Einkommen ist Meist abhängig von dem Ertrag aus der Landwirtschaft und damit vom Wetter. Es reicht in vielen Jahren nicht für das Schulgeld der Kinder, die medizinische Grundversorgung oder die Rücklagen für  die Aussaat im kommenden Jahr.

“Mit welcher Summe könnt ihr denn was anfangen?”, diese Frage taucht immer wieder bei unseren Unterstützerinnen und Unterstützern auf. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: “Mit jeder.”

Wir freuen uns über jede Unterstützung, ganz egal die klein oder groß.  Viele Tropfen füllen einen Eimer genauso. Aber damit es alles etwas greifbarer wird hier ein paar aktuelle Zahlen:

  • 5 € entsprechen einem Huhn (beispielsweise für die Frauengruppe in Viwanja Sitini)
  • 25 € sind genug um eine Ziege oder ein Schwein zu kaufen (wenn man zum Beispiel eine Familie im Dorf unterstützen möchte)
  • 35 € ist der Preis einer Schulbank (wie sie in der Grundschule in Katindiuka benötigt werden)
  • 60 € können für 3 Bauernfamilien Saatgutpakete bedeuten ( zum Beispiel für die Sonnenblumenaussaat)
  • 350 € können einem Kind den Schulbesuch ermöglichen (wie in unserem Stipendienprogramm)
  • 600 € aufwärts kann ein Studienplatz im Jahr kosten

Selbst mit kleinen Summen kann man für einzelne Menschen etwas großes bewirken – so konkret kann eure Hilfe sein.

Anke für euer Vertrauen in uns.

Hühner als zusätzliche Einkommensquelle
Ein Schwein oder eine Ziege kann der Beginn einer Zucht sein
Eine Schulbank hilft gleich mehreren Schüler*innen
Egal ob Sonnenblumen, Reis oder Mais – ein Saatgutpaket kann nie schaden
Nicht alle können sich Bildung leisten, eine Bildungspatenschaft hilft

Stipendien, die allen helfen

Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern durch Stipendien ist uns ein besonderes Anliegen. Diese Projekte gibt es seit der Gründung des Vereins. Aber warum sind sie so wichtig?

Die Chancen auf Bildung sind hier sehr ungleich verteilt und oft eine Frage der Erreichbarkeit und auch des Geldes. Es gibt zwar eine Schulpflicht, die praktische Umsetzung ist aber mach wie vor nicht flächendeckend geschehen. Oft findet man besonders in den ländlichen Regionen Kinder, die keine Schule besuchen. Die Gründe dafür können zum Beispiel die Kosten der Schule, aber auch die benötigte Arbeitskraft der Kinder Zuhause bzw auf den Feldern sein. Ein ehemaliger Stipendiat hat in einem Gespräch mit mir einmal sinngemäß gesagt: “Man kann nicht 2 Herren dienen – der Bildung und der Familie.” Vor dieser Herausforderung stehen aber die allermeisten Schülerinnen und Schüler.

Nach der Schule (oft auch vorher) haben sie ihre Pflichten in der Fanilie zu erfüllen. Sie putzen, kochen, helfen beim Wasserholen und in der Landwirtschaft.  Zeit zum Lernen bleibt Zuhause im Regelfall nicht. Das gefährdet den Lernerfolg massiv, ganz besonders, wenn sich die jungen Menschen auf die landesweiten Zentralexamen vorbereiten.  Bei diesen Leistungsüberprüfungen entscheidet sich die Zukunft der Schulausbildung, denn nur wer gut genug abschneidet darf weiter zur Schule gehen und für viele weiterführende Studiengänge und vergleichbare Ausbildungen ist vorgeschrieben wie gut man im Landesschnitt gewesen sein muss.

Darum ist es uns ein besonderes Anliegen die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, deren Familien nur sehr geringes Einkommen haben, deren Schulerfolg aber sehr gut ist.

Niarira Mbaga (Foto Manuela Federl)

Manchmal ergeben sich ganz unverhofft Begegnungen, die sich zu einem Erstgespräch über ein mögliches Stipendium entwickeln. So auch bei der Familie von Witness, deren Familie wir auf den Weg zurück von einem Besuch auf den Feldern treffen. Das Einkommen kommt ausschließlich aus der Landwirtschaft und ihr Vater erklärt uns, dass es für ihn sehr wichtig ist, dass seine Kinder alle zur Schule gehen und fleißig lernen. Dafür will er gerne arbeiten, lacht Niarira, “Es ist meine harte Arbeit wert, wenn so meine Kinder eine gute Ausbildung bekommen und es vielleicht einmal besser haben als ich.” Er sieht wie wichtig Bildung ist, auch wenn er selbst nur die “Primary School”, also die ersten 7 Schuljahre absolviert hat. Der Vater von 4 Kindern weiß, dass sie nur über eine Ausbildung eine Chance haben ihr Leben zu verbessern.

Witness mit ihrem kleinen Bruder (Foto Manuela Federl)

Seine 16 jährige Tochter erzählt uns noch etwas schüchtern,  dasa sie jetzt in der 9. Schulstufe ist, in der 2. Leistungsgruppe, was sehr gut ist. Besonders großes Interesse hat sie am Naturwissenschaften und möchte diese auch weiter studieren.  Und dann? Das wichtigste ist ihr, dann ihre Familie unterstützen zu können, “So, wie sie es jetzt für mich tun.”

Eine andere Form des Generationenvertrags, aufgebaut auf der Verantwortung füreinander.

Die Sache mit dem Regen

Regen ist wichtig. Ohne Wasser, kein Leben – eine einfache Rechnung.

Die Nahrungsgrundlage für die meisten Menschen in Ifakara ist Reis. Er ist das, was bei uns das sprichwörtliche tägliche Brot ist. Um Gris anbauen zu können, braucht es Regen, denn die Pflanzen gedeihen nur auf nassen Flächen. Regent es nicht,  ist die Ernte verloren. Viel Regen bedeutet aber wiederum andere Herausforderungen. Die Wege, Pfade und kleinen ungeteerten Straßen verwandeln sich in schlammige Hindernisse, die nur mir größter Mühe passiert werden können. Alles was zur Verfügung steht wird nun als Hilfsmittel zum Bau von Behelfsstegen oder Tritthilfen herangezogen. Vom Ziegelstein bis zum Stück Holz, vom Plastikeimer bis zum alten Autoreifen … alles kann benutzt werden.

Wie schnell die Situation sich hier verändern kann haben wir diese Woche gesehen. Nach einer Nacht Regen steigen die Flusspegel des Kilombero oft schon massiv und dad obwohl der Fluss schon ein Vielfaches der normalen Breite seines Flussbetts überschwemmt hat.

Fischer können nicht zu ihren gewohnten Fishgründen fahren. Sie suchen im nun überschwemmten Grasland rund um den Kilombero nach kleineren Fischen. Eine mühsame und durch die Krokodile auch gefährliche Arbeit, die leider kaum Ertrag bringt. Der Tagesumsatz reicht kaum zur Ernährung der Familie – eigentlich reicht er gar nicht.

Für die Landwirtinnen und Landwirte sind die Herausforderungen zum Teil nicht kleiner. Ganze Felder (vor allem mit Mais) verwandeln sich in Seen. Die Unvorhersehbarkeit ist hier das Hauptproblem. Wo im einen Jahr der Reis gedeiht,  kann im nächsten Jahr alles vertrocknet sein. Auf Flächen,  auf denen der Mais in diesem Jahr fleißig seine Kolben ausbildet, kann im Folgejahr ein Teich entstehen. Immer wieder zeigen uns die Menschen in Ifakara bei unseren Besuchen, welchen Herausforderungen sie hier ausgesetzt sind. Versicherungen für Ernteausfälle gibt es nicht. Wer nicht erntet, der hungert. Wenn wir nach Problemen fragen,  ist in den letzten Tagen die Antwort meist: “Hali ya hewa.”, das Wetter.

Diese Unvorhersehbarkeit der Regenfälle schafft in einem Land, das seine Jahreszeiten nicht wie wir in Frühling,  Sommer,  Herbst und Winter einteilen, sondern v.a. zwischen Trocken- und Regenzeiten unterscheidet, unglaubliche Herausforderungen.

Eine der Frauen, die uns von diesen Herausforderungen berichtet ist Mwajuma. Sie steht auf ihrem Maisfeld zwischen den Jungpflanzen, die sie im März ausgesät hat. “Kwa mikono.”, mit meinen Händen. Den Großteil der Arbeit auf den Feldern wird hier händisch erledigt. Auf dem Weg durchs Feld zupft sie immer wieder Unkraut aus – wenn man schon mal da ist, kann man auch solche Kleinigkeiten erledigen.

Mwajuma war die letzten Jahre eine der Frauen, die in unserem Sonnenblumenanbau Projekt gute Erfolge erzielt hat. Dieses Jahr wurden bisher keine Sonnenblumen Samen ausgegeben – die Regenzeit war zu unberechenbar.  Wenn sich alles gut entwickelt werden sie Ende Mai verteilt. Auf dem Feld, auf dem wir jetzt stehen hat sie vor 2 Jahren rund 500 kg Kerne geerntet, das entspricht ca 60 Liter Öl. Für den Eigenbedarf absolut ausreichend, sagt sie. Letztes Jahr hat die Flut alles mitgerissen, die Überschwemmungen waren verheerend. Sie hofft, dass es in diesem Jahr wieder besser wird und bald zwischen den Maisreihen auch Reihen von Sonnenblumen wachsen werden.

“Aber nicht nur die Samen waren wichtiger für mich. Ich habe auch gelernt, dass ich bei der Aussaat immer auf die Reihen achten muss. Vorher habe ich immer alles so angebaut, wie man es bei uns immer schon gemacht hat. Keine Neuerrungen. Aber der Ertrag ist mit der neuen Methode besser. Ich will Neues lernen, auch wenn ich nicht mehr kung bin.”, sie lacht beim letzten Satz.

Und so wirken Projekte nach, selbst wenn sie gerade nicht laufen und verbessern so Schritt für Schritt das Leben von Menschen.

Im Garten mit Gaddafi

Bestehende Gruppen zu unterstützen ist für uns ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Immer häufiger kommen Gruppen auf uns zu und wünschen sich Zusammenarbeit. Das ist ein großer Vertrauensbeweis und ein Zeichen, dass unsere Arbeit hier positiv wahrgenommen wird.

Es wird Abend in Ifakara. Langsam nähert sich die Sonne den Palmen und den mächtigen Mangobäumen, als wir über einen holprigen, ungeteerten Weg in den Ortsteil Viwanja Sitini kommen. Um jedes Haus findet man kleine Gemüsegärten, in den Okras, Spinat und Kohl wächst.

Als wir bei unseren Besuch hier waren, war die Gruppe, die uns jetzt erwartet, noch am Anfang der Ideenfindung. Inzwischen haben sie bereits mit einem Projekt begonnen. Die Gruppe besteht Derzeit aus 5 Frauen und gemeinsam haben sie begonnen eine Hühnerzucht aufzubauen. Wir wollen sie mit Beratung   und beim Aufbau ihres Zuchstamms unterstützen.  Der Plan ist, sowohl die Eier zu verkaufen, aber auch die Fleischproduktion.

Auf die Idee sind sie gekommen, weil eine von ihnen bereits Hilfe von ums beim Start ihres kleinen “Dorfladens” bekommen hat. Mwalimu Wiso (Lehrerin  Wiso), so kennt man sie hier. Mit der Startfinanzierung des Vereins hat sie ihre erste Ware gekauft. Inzwischen läuft der Laden (nicht nur im übertragenen Sinn), in dem es Gemüse, Obst und Dinge des täglichen Bedarfs, wie z.B. Zahnbürst, gibt.

Und so sitzen wir im Garten einer der Frauen, von Mauern umgeben und überall Obstbäume und Bananenstauden. Die bereits vorhandenen Hühner fühlen sich sichtlich wohl, genauso die Perlhühner, die lautstark auf sich aufmerksam machen.  Wir besprechen dir Pläne und Kalkulationen und freuen uns, dass die vagen Pläne der letzten Jahre nun mehr Gestalt angenommen haben. Selbst ein Bankkonto mit Rücklagen haben sie geschaffen und sogar eine offiziell registrierte Vereinsgruppe sind sie nun – zur Absicherung, sollte eine der Frauen ausfallen.

Frauen, die füreinander einstehen, einander helfen und zusammenhalten. Eine ist katholische Katechetin, eine Muslima … sie sitzen hier zusammen und arbeiten zusammen an neuen Projekten.  Sie verbindet, dass sie ihre Familien finanziell absichern wollen, ihren Kindern den Schulbesuch ermöglichen wollen und im Fall von Krankheiten das Geld für die Behandlung haben wollen. Sie sind Mütter – sie alle.

Als wir das Grundstück wieder verlassen, ist die Sonne noch etwas tiefer  gerutscht und der in die Jahre gekommene Wachhund “Gaddafi” freut sich, dass er wieder seine Ruhe hat. Von den Hühnern lässt er sich nicht bei seiner Siesta stören.

Foto: Manuela Federl

Investition ins Wasser gefallen?

In den letzten Jahren werden die Auswirkungen des Klimawandels immer mehr zum Problem für die Menschen in Ifakara. Fast alle hier beziehen zumindest einen Teil ihres Einkommens aus der Landwirtschaft. Egal mit wem man spricht,  ob Lehrerin, Bäcker oder Weberin, alle haben irgendwo Felder um etwas anzubauen und so ein Auskommen zu haben.

Wir besuchen Oskar,  einen der Katecheten aus Ifakara. Sein Einkommen aus dieser Tätigkeit reicht bei weitem nicht aus um die Familie zu ernähren.  Über den Verein hat er Hilfe für den Start einer  Hühnerzucht bekommen und jetzt auch Beratung und Unterstützung für den Anbau auf seinem Reisfeld.

In diesem Jahr haben die Regenfälle in Ifakara erst vor Kurzem begonnen – das ist spät und für viele zu spät. Die meisten haben wie gewöhnlich bereits Anfang April damit gerechnet und dementsprechend den Reis angebaut. Aber ohne Regen, kein Reis. Diese Pflanze ist die Basis der Ernährung für den Großteil der Menschen hier. Durch den Klimawandel wird der Anbau aber immer mehr zur Herausforderung. 

Oskar geht mit uns sein Feld ab. Zufrieden blickt er auf seine Pflanzen und ein Lächeln erscheint unter dem geflochtenen Hut, den er zur Feldarbeit trägt, als er sagt: “Seht ihr, wieviel größer meine Pflanzen sind, als bei meinem Nachbarn? Sie haben Kraft, meine Reispflanzen.” Und tatsächlich sieht auch ein Laie, dass auf keinem der Felder rundum Pflanzen stehen, die bereits Körner ansetzen – wohl aber bei Oskar.

Auch das ist ein Ergebnis der landwirtschaftlichen Beratung und Unterstützung, denn so war er gerüstet, als der erhoffe Regen ausblieb. Er hat eine Art Kinderstube für den Reis gebaut, in der die Samen zu kräftigen Jungpflanzen heranwachsen konnten – ganz in der Nähe des Flusses. Mit einer geliehenen Pumpe war es nicht weiter schwer sie mit Wasser zu versorgen.

Als dann der Regen endlich kam, konnte er sie auf sein Feld bringen, wo sie so prächtig gedeihen. “Die Investition in die Pumpe hat sich gelohnt, auch die Mehrarbeit.”, da ist er sich sicher.

Immer wieder lacht er, als wir sein Feld umrunden – Freude über den Erfolg, Freude über die zu erwartende Ernte. “Danke für euren Besuch, danke für eure Unterstützung.”, ruft er uns zu, als er am Ende unseres Besuchs mit seinem Fahrrad über den kleinen Pfad zwischen den einfachen Häusern verschwindet.

Hühner …die etwas anderen Haustiere

Die ersten Projektbesuche sind immer besonders spannend für mich. Was ist seit dem letzten Besuch passiert, was gibt es für Entwicklungen und vor allem: wie geht es den Menschen und was hat sich für sie getan?

Nach wie vor ist die Landwirtschaft eine der wichtigsten Einnahmequellen für die allermeisten Tansanianerinnen und Tansanianer. Und so ist es wenig überraschend, dass auch viele unserer Unterstützung im Bereich der Existenzgründungsprojekte mit der Landwirtschaft zu tun haben.

Wir machen uns auf den Weg über kleine Seitenstraßen, die kaum mehr sind als Pfade, zu einem der Projektstandorte im Ortsteil Kibaoni. Es hat in den letzten Tagen endlich geregnet – die Regenzeit im April ist fast zur Gänze ausgefallen. Nun bilden sich kleine und größere Tümpel neben den Häusern und auf den Wegen. “Wir hoffen es regnet weiter, bis Juni am Besten.”, das hören wir immer wieder. Auch wenn es die Gefahr gibt,  dass einige Häuser durch das Wasser beschädigt werden – das erscheint vielen als kleiner Preis, wenn die Alternative die Trockenheit auf den Feldern wäre. Die vor Kurzem bepflanzten Felder braucht jetzt Wasser.

Auch für Ophemia und ihre Tochter Rosemary sind die Felder die Haupteinnahmequelle. Damit sie aber nicht nur davon abhängig sind, haben sie eine für uns zuerst unkonventionell klingende Idee gehabt, was man (beziehungsweise Frau) mit 2 leerstehenden Räumen im Haus machen könnte. Und so sind neben dem Wohnzimmer und dem Schlafzimmer jetzt 2 Räume für die Aufzucht von Hühnern reserviert. Der Ertrag, den sie durch Aufzucht und Verkauf der Hühner erwirtschaften ist höher, als die Einnahmen durch die Vermietung der Zimmer bekommen würden. Und jetzt tummeln sich sich den Zimmern die Küken. Die Schalen der Reiskörner sind vorhanden und als Einstreu gut geeignet und die Kosten für Futter und Wasser halten sich in Grenzen. Gerne zeigen sie uns ihre Tiere, die ihnen ein gutes Zusatzeinkommen ermöglichen. Zum Beispiel für das Schulgeld für Alice, die Tochter von Rosemary … denn Bildung kostet in Tansania – leider.o

Fachkräfte – auch hier gefragt

Gleich von Anfang an hat sich der Verein der Freunde von Ifakara um das Thema “Bildung” bemüht. Die Stipendien Programme des Vereins helfen jungen Menschen bei einem besseren Start in ihre berufliche Zukunft. Dabei geht es für uns nicht nur um klassische akademische Berufe,  sondern auch um Berufe, die in Deutschland und Österreich Ausbildungsberufe sind. Diese Fachkräfte und Handerwerker sind auch in Tansania sehr gefragt.

Einer unserer Stipendiaten ist der 20 jährige College Student Elineema, der in seinem letzten Jahr des “berufsorientierten College für Metallverarbeitung” ist. In seinen Ferien hat ihm unser Projektleiter Moses einen Praktikumsplatz in der regionalen Hauptstaft Morogoro besorgt.

Der Betrieb stellt alles mögliche her von Aluminumfenstern, Metallbetten und Küchen bis hin zu Sielgeräten und Metalltreppen. Der junge Student kann hier sehr viel lernen, meint er – der Betrieb ist bekannt für die saubere und hochwertige Arbeit. Und der Chef stellt ihm ein sehr gutes Arbeitszeugnis aus. Elineema sei sehr fleißig und wolle alles verstehen und lernen, erzählt er uns in seinem kleinen Büro an einer Nebenstraße direkt neben der Schweißerwerkstatt. Hier wird hart gearbeitet – für mitteleuropäische Verhältnisse wird der Arbeitsschutz vielleicht etwas vernachlässigt, aber man kann nicht alles haben. Und auch Elineema zeigt uns, was er gelernt hat.

Und die Chance auf diese Ausbildung für ihn nicht selbstverständlich. Die alleinerziehende Mutter konnte kaum die Kosten für das Essen für ihn und seine 2 Geschwister auf den Tisch bringen, obwohl sie immer hart dafür gearbeitet hat. Aber die eigenen Felder haben wenig abgeworfen – eine Ausbildung hatte sie nicht. Ohne die Hilfe wäre er jetzt wohl in Ifakara und würde auf dem Feld arbeiten oder nichts tun – Jobs ohne Ausbildung gibt es nicht wirklich, zumindest keine, die genug zum Leben einbringen, meint der junge Mann. Nächstes Jahr um diese Zeit können wir ihn hoffentlich schon in einer fixen Arbeitsstelle besuchen – vielleicht sogar hier, meint der Chef des Betriebs.

Tierisch gut …

Perspektivenlosigkeit. Ein Problem, das hier viele junge Menschen haben. Schulbildung und weiterführende Bildungsangebote sind kostenintensiv und für viele Familie nicht leistbar. Was bleibt also als Zukunftsperspektive? Viele sehen ihre Zukunft klar vorgezeichnet: Kleinbauern/Kleinbäuerinnen. Gerade genug verdienen um über die Runden zu kommen – immer abhängig vom Regen. In Zeiten des Klimawandels keine allzu rosige Perspektive.

Und selbst in diesem Bereich fehlt es an Bildung. In der Regel werden die kleinen Betriebe hier genauso weitergeführt, wie es die Eltern gemacht haben – ohne Input von außen und damit ohne große Verbesserungen.

In den landwirtschaftlichen Projekten des Vereins der Freunde von Ifakara, versuchen wir diese Inputs zu geben, neue Ideen zu fördern und so das Einkommen zu verbessern. Viele Betriebe hier sind rein vom Reis- und Maisanbau abhängig. Gartenbau und Viehhaltung im kleinen Rahmen, werden noch wenig betrieben und wenn, dann oft nicht zielführend.

Unsere Tierspendeprojekte enden daher nicht damit, dass einfach ein paar Ziegen, Schafe, Schweine, Hühner oder Enten übergeben werden. Im Vorfeld und auch nach der Übergabe braucht es Informationen zur Haltung und Pflege der Tiere. „Ein zufriedenes Tier ist ein gesundes und produktives Tier.“, das ist der Leitsatz.

Unter diesem Motto erklärt unser Vereinsmitglied der Tierarzt und Landwirt Dr. Martin Aigner heute  einer kleinen Gruppe von SchülerInnen aus der Secundary School in Kibaoni/Ifakara am „lebenden Objekt“ worauf es bei der Haltung von Schweinen und Ziegen ankommt. Die 3 SchülerInnen möchten mit der Tierhaltung beginnen und hoffen damit einen Teil ihres Schulgelds selbst erwirtschaften zu können. Einer von ihnen hat die Möglichkeit die Tiere bei seinen Eltern unter zu bringen und einer der Lehrer an der Schule unterstützt sie dabei.

Das praktische Training findet beim Elternhaus von Moses Subert statt, das inzwischen einer seiner Brüder mit seiner Familie bewohnt. Er hält dort Schweine und Ziegen und heute gibt es viele Tipps zur richtigen Stallung, Fütterung und Beschäftigung der Tiere, aber auch zum Thema Gesundheit und Zucht.

Viel Neues nehmen die SchülerInnen mit, viele praktische Tipps um Erfolg zu haben mit ihrer Zucht. Sie sind interessiert, stellen Fragen, wollen alles genau wissen. Der Erfolg ihrer Tierhaltung kann ihre Zukunft sichern – dieses Projekt schafft eine Perspektive. Mehr sogar, die bekommen hier Bausteine für ihre Zukunft.

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Tierspenden unterstützen den Ausbau der Landwirtschaft hier sehr. Dabei sind aber immer einige Faktoren zu beachten, zB dass die Umwelt durch Überbeweidung nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Für viele Familien kommt aber durch kleine Tierhaltungsprojekte öfter eiweißreiche Nahrung auf den Tisch (Eier, Milch aber auch Fleisch), was gerade für den Speiseplan der Kinder wichtig ist.

Kontinuierlich wird dieses Projekt zB vom Christian-Doppler-Gymnasium in Salzburg (großes Danke an Riki und Uschi und ihre SchülerInnen), aber auch von vielen EinzelspenderInnen unterstützt.

„Die Tiere sind wie ein Sparbuch“, hat einmal eine der Frauen in einem Ziegen-Projekt gesagt, „wenn wir sie nicht brauchen vermehren sie sich und wenn wir Geld brauchen verkaufen wir 1 oder 2.“

Danke für die „Spareinlagen“!

Geschenkt

Nachdem heute besonders viele Anfragen für Unterstützung bei uns eingegangen sind, hier ein paar Gedanken dazu.

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Während unseres Aufenthaltes in Ifakara kommen immer wieder Menschen auf uns zu mit der Bitte um Hilfe. Nicht immer kennen wir die Leute, die uns um Unterstützung bitten, aber Verzweiflung und Not treiben Menschen dazu diese Hemmschwelle zu überwinden.

Manchmal wäre es einfacher, die Probleme, die uns so präsentiert werden, mit einer Spende und einem wohlwollenden Nicken abzutun – aber: was passiert in diesem Moment mit diesem Menschen?

Er/Sie wird klein gemacht, ein/e AlmosenempfängerIn.  Das sollte nicht die Lösung sein. Damit wird einmal mehr ein klares Bild transportiert: weiß=reich, schwarz=arm

Doch wir sind nur eines: Menschen – und zwar alle.

Für meinen Geburtsort und den Reichtum der damit einhergeht habe ich keine Leistung erbringen müssen. Es war ein Geschenk. Ebenso, dass ich in einem Land geboren wurde, das seit Jahrzehnten keinen Krieg erleben musste.

In meinem Verständnis erwächst daraus eine gewisse Verpflichtung. Die Verpflichtung zu teilen. Und das Wichtigste daran: dabei immer bemüht zu sein das auf Augenhöhe zu tun. Wohlstand macht einen nicht zu einem besseren Menschen. Der Grundwert eines menschlichen Lebens ist für mich unantastbar und immer der Selbe.

 

Mit diesem Hintergrund versuchen wir hier über Unterstützung für Bildung und mit Projekten im landwirtschaftlichen Bereich, Menschen zu helfen ihre eigenes Einkommen zu erwirtschaften und nachhaltig und langfristig unabhängig ihr Leben frei und selbstständig gestalten zu können – so wie sie es wollen, nicht wie wir es bespenden.

An alle die uns dabei unterstützen: Asante sana – vielen Dank!

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