Solidarische Frauen

Knapp vor Sonnenuntergang treffen wir eine Frauengruppe im Ortsteil Viwanja Sitini. Sie treffen sich immer erst spät, denn vorher haben sie keine Zeit.  Der Alltag dieser Frauen ist gefüllt mit Arbeit… Haushalt, Kinder versorgen,  Kochen, Feldarbeit,…es gibt immer was zu tun.

Viele sind es heute nicht,  denn einge sind krank und die meisten sind auf den Feldern um zu Ernten. Insgesamt sind es 36 Frauen, alle aus der direkten Umgebung,  die sich hier regelmäßig treffen – ungeachtet der Religions- oder Stammeszugehörigkeit. Das interessiert hier nicht, denn ihre Alltagsprobleme und Sorgen sind die selben. Woher das Geld nehmen, wenn ein Kind krank wird und medizinische Hilfe benötigt? Wie wird die nächste Ernte und reicht es für die Ernährung der Familie? Woher das Geld für die Schule der Kinder nehmen?

Aus diesem Grund haben sie sich in der Gruppe zusammengetan und eine Art Genossenschaftsbank gegründet. Nicht amtlich registriert, sondern nur über eine Vereinbarung unter sich.

Jede Frau hat eine Grundeinlage von umgerechnet ca. 11 Euro in die “Bank” eingezahlten und dann 1 weiteren Euro bei jedem Treffen der Gruppe.  Darüber wird genau Buch geführt. Diese Einlagen, die sicher von der Schatzmeisterin verwahrt werden, bilden die Grundlage für ihre kleine Bank. Jede der Frauen in der Gruppe kann sich einen Kredit gewähren lassen. Es gibt den langfristig angelegten Kredit, der eine niedrigere Verzinsung hat als der kurzfristige, den sie “moto” nennen. Das bedeutet “Feuer” oder “heiß”. Diese Kredite sind v.a. dann wichtig, wenn schnell Geld gebraucht wird, z.B. wenn jemand ins Krankenhaus muss, denn das muss in einem Land ohne flächendeckendes Versicherungssystem immer gleich bezahlt werden. Der Moto-Kredit sollte nach sehr kurzer Zeit (meist einer Woche) zurückgezahlt werden und hat deutlich höhere Zinsen. Wobei es hier sehr menschlich und mit viel Verständnis abgeht. Da wird schon mal ein Auge zugedrückt, besonders, wenn eine Notsituation andauert.

Alles wird genau dokumentiert und festgehalten

Einmal im Jahr gibt es eine Gewinnausschüttung an die Frauen der Gruppe…letztes Jahr doch rund 70 Euro pro Nase. Sie sind sehr zufrieden,  besonders auch, weil ihnen die Kredite einiges an Sorgen des Alltags erleichtern.

Das alles haben die Frauen eigenständig und ohne Hilfe von außen auf die Beine gestellt. Auch ohne unsere – warum also sind wir da?

Ein Mitglied der Gruppe war bereits in einem unserer Projekte. Die Katechetin war sehr zufrieden mit der Hilfe und Beratung und hat uns zu diesem Treffen eingeladen, weil die Gruppe gerne weitere Projekte umsetzen möchte. Darüber diskutieren wir nun. Gerne wollen sie einen gemeinsamen Acker kaufen und anlegen und den Gewinn teilen. Sie alle kennen sich aus mit der Arbeit auf den Feldern und auf mehrere Schultern verteilt, ist es nicht viel mehr Aufwand, meinen sie. Gemeinsam mit unserem erfahrenen Projektmanager Moses planen wir welche Schritte als nächstes anstehen. Die Registrierung als eingetragener Verein, damit alle abgesichert sind, festlegen von Regelungen, falls eine der Frauen aus der Gruppe ausscheidet, umzieht oder verstirbt. Auch hier gibt es gute Vorschläge. Eine junge Frau meint, dass dann eine der Töchter oder wenn keine Tochter da ist, eine der Schwiegertöchter ihren Platz einnehmen soll. Wichtig ist, es soll alles in Frauenhand bleiben. 

Gerne unterstützen wir sie, wenn ein Eigenbeitrag von der Gruppe gesichert ist und die rechtliche Struktur geklärt ist. Auch bei den Registrierungsgebühren können wir helfen – sie wissen, was nun zu tun ist und sind am Zug. Wir hoffen die Gruppe wiederzusehen und mit ihnen zu arbeiten, dann als Organisation oder Verein.

Als es zum obligatorischen Fototermin kommt, geht gerade ein Mann im Hintergrund auf der Straße. Etwas skeptisch beäugt er das Treffen. Die Frauen rufen ihm zu, er solle weitergehen, hier wird er nicht gebraucht und auf dem Bild hat er als Mann nichts zu suchen. Und so verlassen wir eine Gruppe von Frauen, die einander den Rücken stärken und ihren Alltag bewältigen.

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