Dankbarkeit

Bei jeder Reise gibt es Begegnungen die uns ganz besonders berühren. Leo, jumapili tunapumzika kidogo – Heute am Sonntag ruhen wir ein Bisschen aus. Das gibt uns die Zeit auf die Begegnungen dieser ersten Woche seit unserer Abreise aus Deutschland zurückzublicken. Die Zeit heute möchte ich nutzen um euch von einer Begegnung der letzten Tage zu erzählen, die für uns ganz besonders war.

Wir sind unterwegs in einem der Dörfer um uns die Umsetzung der Geschäftsideen anzusehen, als Moses einen Anruf bekommt. Es ist die Mutter einer unserer Stipendiatinnen. Sie hat gehört, dass wir da sind und möchte sich mit uns treffen. Aber leider muss sie bald zu ihrem Reisfeld zum Ernten – das nimmt mehrere Tage in Anspruch und wie so oft hier, liegt das Feld weit außerhalb. Die Menschen schlafen dann direkt dort und nachdem alles Handarbeit ist, kann es dauern. Sie fragt darum, ob wir noch am selben Tag kommen könnten. Es ist nicht weit weg, also fahren wir hin.

An der Straße holt sie uns ab. Jonisia strahlt übers ganze Gesicht, als sie uns sieht und fällt uns um den Hals. “Wow … karibuni, karibuni sana” , lacht sie uns entgegen – willkommen, ihr seid sehr willkommen. Man sieht ihr an, dass sie sich wirklich freut, aber es fast etwas surreal für sie ist, uns zu sehen.

Sie führt uns über einen schmalen Pfad zu dem einfachen unverputzten Häuschen mit 3 kleinen Zimmern, in dem sie wohnt. Immer wieder lächelt sie uns an – wir sollen sie Mama Priska nennen. Hier ist es üblich, wenn man eines der Kinder kennt auch die Eltern mit diesem Namen und dem vorgestellten Mama/Baba anzusprechen.

Es ist ein einfaches kleines Haus in dem sie mit ihrer Tochter lebt. Nur sie beide leben hier und derzeit nur sie, denn die Tochter hat gerade durch unser Stipendium die Schule abschließen können und ist jetzt im verpflichtenden 3 monatigen Militärtraining. Priska möchte danach weiter studieren, wenn es geht pharmazeutische Assistentin werden, das würde ihr gefallen. ” Mungu akipenda”, so Gott will. Diesen Satz oder das muslimische Pendent “Insh’allah” hören wir oft hier. Meist, wenn es um Pläne geht, die Geld erfordern, das nicht vorhanden ist.

Die Mutter ist stolz auf ihre Tochter, kramt für uns auch die einzigen Bilder heraus, die sie von ihr hat – der erste Tag im Kindergarten und die Erstkommunion.

Priska am ersten Kindergartentag

Der Vater hatte sich nicht für das Kind interessiert, er war sofort weg, als er von der Schwangerschaft erfahren hat. Leider keine Seltenheit und Unterhaltsregelungen gibt es nicht. Alleinerziehende Frauen sind auf sich allein gestellt. Und sie erzählt uns, dass auch ihre Eltern sie aus dem Haus gejagt haben, als sie davon erfahren haben.

Mama Priska selbst hat nur die 7 jährige Grundschule absolviert und durfte nach langem Betteln dann eine Berufsausbildung als Weberin machen. Sie lebt nun vom Ertrag der kleinen Felder und arbeitet in einer Weberei – eine Genossenschaft von 35 Frauen, die wir später besuchen werden. Auf die Frage, ob sie gerne lieber weiter zur Schule gegangen wäre, sieht sie mit einem verlegenen Lachen zu Boden. “Ndiyo”, ja. Aber das war undenkbar. Der Vater hätte das nicht erlaubt und Geld wäre auch nicht vorhanden gewesen.

Eine selbst gewebte Decke hängt sie uns um – ein Geschenk. Es kommt für sie nicht in Frage, dass wir sie bezahlen. “Ihr habt so viel getan für uns. Meine Tochter konnte zur Schule gehen. Wenn man ein Kind hat und man kann seine großen Wünsche nicht erfüllen…es ist traurig. Ihr habt das für uns gemacht.” Und immer wieder sagt sie “danke, ich danke euch.”

Die Bescheidenheit und Dankbarkeit beschämt uns. Diese Frau arbeitet hart um ihr Leben bestreiten zu können und ihr Kind zu unterstützen und doch ist es nie genug. Ihr einziges Ziel: der Tochter das Leben zu ermöglichen, das ihr verwehrt geblieben ist. Wir werden versuchen in weiteren Projekten mit ihr zu arbeiten.

Sie begleitet uns zurück zum Auto, hält unsere Hand auf dem Weg. Ein stummes letztes “Danke”.

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