Schritte in die Zukunft

Wenn man durch das Ortszentrum von Ifakara in Richtung des  Kilombero Flusses fährt, findet man ganz in der Nähe des Postamts eine kleine Weberei. Hier arbeiten ausschließlich Frauen, viele davon Alleinerziehend, die sich zu einer Art Genossenschaft zusammengeschlossen haben. Wenn man durch den kleinen Laden voller bunter Decken, Schals und Tischsets in den Hinterhof geht, sieht man das geschäftige Treiben. Baumwollfäden werden eingefärbt, Fäden aufgespult und das Klacken der Webstühle scheint nie zu verstummen. Alles ist hier Handarbeit,  nichts elektronisch.

Die Frauen sind stolz auf ihre Arbeit, sie alle helfen hier zusammen um ihre Produkte zu erzeugen. Wer gerade Zeit hat findet sich hier ein und zu tun gibt es immer etwas. Aber es gibt keinen Zwang bestimmte Zeiten zu arbeiten, denn sie alle haben noch Felder zu bewirtschaftet und Familien zu versorgen. Hier verstehen alle, wie schwierig es für Frauen hier ist alles unter einen Hut zu bringen. Auf ihren Schultern lastet Haushalt, Kindererziehung und so viel mehr – oft auch die Beschaffung des Familieneinkommens.

Im Mai haben wir sie zuletzt besucht und gemeinsam mit unserem Verein wollen sie weiter am Erfolg ihrer Produkte arbeiten. An der Vermarktung und an Absatzmärkten. Und nun haben sie einen wichtigen Schritt auf diesem Weg hinter sich gebracht.  In Zukunft wird jedes ihrer Produkte markiert und damit als Produkte dieser so besonderen Weberei erkenntlich sein. Dank einer kleinen Maschine, die mit Hilfe unserer Partnerorganisation, der IALI-FOUNDATION angeschafft werden konnte. Die Freude über diese Unterstützung ist klar zu sehen und zu hören in dem Video, das uns die Weberinnen geschickt haben und das wir heute mit euch teilen dürfen. Ein Schritt in die richtige Richtung…nun kann es weitergehen!

Den Bericht von unserem Besuch im Mai findet ihr hier:

Gedanken zum Schluss…

Eine verhältnismäßig kurze Reise nach Tansania geht zu Ende. Trotzdem gab es viele Eindrücke, viele Bilder im Kopf, viele Begegnungen, Momente zum Lachen und Momente zum Weinen.

Was mir hier immer wieder bewusst wird: ich kann zufrieden sein. Zufrieden in einem Land zu leben, in dem Bildung kein großer Kostenfaktor für Familien ist. Zufrieden, dass eine Krankenbehandlung machbar und leistbar ist, wenn man sie braucht. Zufrieden, dass mir die Welt zum Reisen offen steht.

Privilegien, die meist unhinterfragt für uns gelten.

22 Jahre komme ich schon nach Tansania, mehr als mein halbes Leben. Ifakara ist ein Stück Zuhause geworden, auch wenn hier das Leben im Alltag doch sehr anders ist als in Tirol oder Bayern. Ifakara bedeutet für mich doch vertraute Orte, vertraute Gesichter. Wie man in Tirol sagt, es “hoamalet” – es fühlt sich nach Zuhause an. Die Menschen sind mir ans Herz gewachsen,  in den Projekten steckt viel Herzblut. Es ist schön zu sehen, dass die Entwicklung eine Gute ist und, dass unser Verein seinen Teil dazu beitragen konnte und kann. Ich freue mich über selbstbewusster Frauen in den von uns unterstützten Gruppen, über fleißige Stipendiaten, über  Geschäftsideen mit Potential, über Schulen mit funktionierenden Toiletten und erfolgreiche Bäuerinnen. Lachende Gesichter, herzliche Begrüßungen, freudige Begegnungen.

Aber auch bittere Armut, tiefe Verzweiflung und traurige Abschiede. Nicht alles geht auf, nicht immer können wir helfen. Für viele Probleme haben wir keine Lösung und auch das gilt es auszuhalten. Oftmals während man den betreffenden Personen ins Gesicht blickt. Ein Spannungsfeld. Es ist nicht alles nur eitle Wonne, Sonnenschein.  Auch das macht etwas mit mir, selbst wenn es viele Erfolgsgeschichten gibt.

Es gibt weiterhin genug zu tun. Es ist auch diesmal bei der Abreise eine Zwischen- und keine Schlussbilanz.

Foto: Manuela Federl

Gespräch unter Freunden (von Ifakara)

In den letzten gemeinsamen Tagen hier in Tansania wollen wir (Moses und Johannes) uns die Zeit nehmen und den Aufenthalt hier nochmal Revue passieren lassen. Die wichtigsten Punkte des Gesprächs habe ich für euch zusammengefasst und übersetzt.

Dabei sitzen wir hier vor einem Haus im Süden von Tansania – mit allen Hintergrundgeräuschen die dazugehören. Ich bin dankbar für das Gefühl auch hier Zuhause sein zu dürfen, dankbar für die Gastfreundschaft. Moses sagt uns, es war sein Vergnügen uns bei sich und seiner Familie aufzunehmen und nach dieser Pause seit dem letzten Besuch wieder Zeit zusammen verbringen zu dürfen. Jetzt, fast am Ende der Reise, fällt es uns beiden nicht leicht über den Abschied nachzudenken. Aber es geht nicht anders.

Es freut unseren Projektmanager, dass unsere Projekte so viele positive Auswirkungen auf die Menschen hier haben. Und wenn man zum Beispiel 10 Jahre zurück schaut, hat sich in der wachsenden Stadt Ifakara viel getan und auch unsere Projekte hatten einen Einfluss auf viele Menschen und es ist schön zu sehen, dass die Projektteilnehmerinnen und Teilnehmer eigenständig geworden sind. Beispielsweise kommt es bei Projektbesuchen kaum mehr vor, dass jemand um zusätzliche finanzielle Hilfen (z.B. für Lebensmittel) fragt. Es ist eine große Verbesserung im Leben von Menschen. Wir merken es ist nicht eine Dauerschleife in der wir feststecken. Familien können durch die Projekte immer mehr der alltäglichen Kosten selbst tragen z.B auch im medizinischen Bereich. Wenn jetzt jemand auf uns zukommt,  dann meist um Hilfe beim Umsetzen der eigenen Geschäftsideen zu bekommen.

Es geht uns darum die Menschen dabei zu unterstützen zu sehen, wie die ihre Ausgaben selbst leisten können. Das macht und glücklich, zu sehen, dass wir helfen können die eigene Kraft und die eigenen Möglichkeiten der Menschen zu fördern.

Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen dem Verein der Freunde von Ifakara und der IALI Foundation ist uns sehr wichtig.  Auch wenn es zum Beispiel um die Fördergelder geht. Wir planen zwar Projekte, aber oft müssen wir spontan umplanen, wenn zum Beispiel durch klimatische Veränderungen der Ankauf und Anbau von Sonnenblumen gerade keinen Sinn macht, oder Posten im Budget sich verändern durch Teuerung oder durch Veränderungen innerhalb einer unterstützen Gruppe. Auf das alles können wir durch gute Kommunikation und längerfristige Planung reagieren, so dann nicht immer gleich am Jahresanfang dad ganze Budget überwiesen werden muss. Dafür ist es besonders wichtig einen Partner vor Ort zu haben. Während wir in den letzten Jahren zum Beispiel die Sonnenblumensamen immer im April ausgegeben haben, wäre das in diesem Jahr durch die verspätete Regenzeit sinnlos gewesen. Vom fernen Europa aus, wäre das aber nicht absehbar gewesen.

Gespräche gab es viele während des Aufenthalts in Tansania (Foto Manuela Federl)

Den Satz: “Das haben wir aber so geplant, das machen wir jetzt.”, den gibt es für uns nicht. Auf Veränderungen regieren, das ist uns  wichtig. Die Umsetzung muss Sinn machen, auch weil wir den Spenderinnen und Spendern verpflichtet sind – verpflichtet die uns anvertrauten Spenden so gut wir können zu verwenden und damit unser Ziel zu erreichen: das Leben von Menschen in Ifakara zu verbessern.  Danke für das Vertrauen in uns.

Diese Reise war meine erste zu dieser Jahreszeit,  mit allen Herausforderungen,  die damit einhergehen. Zum Beispiel könnten wir keine Projektbesuche mit dem Fahrrad absolvieren, wie gewohnt und manchmal war nicht ganz klar, wo die Straße endet und der Fluss beginnt, aber Moses hat uns durch alle Herausforderungen sicher navigiert. Es war aber gut auch diese Situation kennenzulernen. In den 23 Jahren, die ich Ifakara jetzt besuche, habe ich viel Veränderungen gesehen. Immer mehr Menschen gehen ihre Probleme aktiver an, suchen selbst Lösungen und gezielte Hilfestellungen. Es gibt dad Gefühle,  dass die Menschen hier bereit sind hart zu arbeiten um der Armut zu entkommen,  die viele Familien noch fest im Griff hat. Sie ergeben sich nicht ohnmächtig in ihr Schicksal,  sondern wollen ihre Chancen nutzen.

Straße oder Fluss?

Die Menschen zu ermutigen das zu tun ist Teil all unserer Projekte. Wir wollen die Menschen dabei unterstützen unabhängig zu werden und nicht in der Abhängigkeit von Spenden aus dem Ausland zu leben. Selbst für Moses ist es beeindruckend,  dass das so gut funktioniert.  Die Menschen sollen aus den Projekten etwas mitnehmen,  was ihnen für ihr weiteres Leben hilft, auch wenn die Projektzeit vorbei ist.

Unsere Zeit nähert sich dem Ende, eine Chance mich noch einmal bei Moses für alles zu bedanken. Und auch er möchte sich bedanken, dafür, dass wir nicht nur Geld schicken, sondern uns die Zeit nehmen gemeinsam als Partner zu sprechen, und auszutauschen und uns die Situation anzuschauen und zu erleben sogute wir können. Danke an alle Vereinsmitglieder, Spenderinnen und Spender, an alle die uns unterstützt … an alle Freundinnen und Freunde von Ifakara.

Morgen geht es weiter nah Dar es Salaam und von da aus zurück nach Europa, ein letzter Eintrag den Reiseblog kommt also noch.

Wanawake wanaweza – Frauen schaffen das!

Foto: Manuela Federl

Zum heutigen Muttertag eine ganz besondere Geschichte aus Ifakara, oder eigentlich mehrere, die ineinander „verwoben“ sind.


Der Weg zu ihrem Haus ist nicht besser geworden, seit unserm letzten Besuch. Durch den Regen ist es sogar noch etwas schwieriger geworden. Wir nutzen Ziegelsteine, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen in dem kleinen Rinnsal ausgelegt sind, das uns von der größeren Straße zu dem einfachen Ziegelbau bringt, den Mama Prisca ihr Zuhause nennt. Vor 2 Jahren haben wir sie besucht. Ein Besuch der uns dankbar und demütig gemacht hat. Die alleinerziehende Frau hatte keine Chance ihren eigenen Traum vom Schulabschluss und einer Ausbildung nicht verwirklichen können und hat alles darangesetzt, dass es ihrer Tochter einmal anders gehen wird. Es ist ihr sicher nicht leichtgefallen, als sie eines Tages zum Büro unserer Partnerorganisation gegangen ist um um Hilfe für das Schulgeld zu bitten. Ihre Tochter, Prisca, hat inzwischen die Schule nicht nur beendet, sondern eine so gute akademische Leistung erbracht, dass sie einen Studienplatz bekommen hat und nun Biologie studieren darf. Sie ist bereits in der Universität, aber telefonisch sprechen wir kurz mit der jungen Frau. Da hellt sich das Gesicht der Mutter kurz auf – sonst bietet ihr Alltag wenig zu lachen. Die Arbeit auf ihren kleinen Feldern ist schwer und ihr einziges anderes Einkommen kommt aus einer Weberei, doch dazu später mehr. Das Einkommen reicht kaum, um über die Runden zu kommen.

Mama Prisca (Foto: Manuela Federl)


Die Frage nach der Unterstützung durch ihre Familie beantwortet sie mit einem leichten Kopfschütteln: „Es gibt nur uns 2, meine Tochter und mich. Natürlich habe ich Verwandte, aber …“ der Satz hängt schwer in der Luft. Sie hat uns bereits letztes Mal erzählt, das das Verhältnis schwierig ist. Sehr schwierig. Diesmal erzählt sie uns, was der Grund war, warum sie sich von dem Vater der Tochter getrennt hat: „Er wollte nicht zahlen für die Schule von Prisca, wollte nicht, dass sie überhaupt hingeht.“ Für eine Frau sei das Geldverschwendung, leider steht er nicht allein mit dieser Meinung. Und seither gibt es nur mehr sie und Prisca, auch wenn die nun die meiste Zeit in der Universitätsstadt Dodoma verbringt. Einmal kommt doch ein Lächeln über ihre Lippen, bei der Zusage, dass wir ihre Tochter auch weiterhin mit unserem Stipendienprogramm unterstützen werden.
Sie will uns zu ihrer Arbeitsstelle bringen. Geschickt geht sie voraus, kennt jeden der Ziegelsteine, der kleinen Sandhaufen, sogar der Hauseingänge, die man braucht, um die Straße zu erreichen. Dann geht es weiter zum Zentrum Ifakaras – zur Weberei, der „Ifakara Women Weavers Association“ (IWWA). Auch hier bahnt sich eine Zusammenarbeit mit unserem Verein an. Die Gruppe ist interessiert und sieht ihr Hauptproblem im fehlenden Markt für ihre Produkte. Die Decken, Tischsets und Schals, die sie von Hand weben sind wunderschön. Alle Frauen hier haben Familien um die sie sich Zuhause kümmern, haben Felder, haben Gemüsegärten, haben jeden Tag Unmengen an Arbeit zu leisten. Viele von ihnen sind alleinerziehend und auf sich gestellt. Die Weberei ist ein gutes Zusatzeinkommen. Sie erklären uns, dass die Weberei von einer dänischen Organisation gegründet wurde und sie die Räume und Webstühle gemeinschaftlich nutzen. Jede der Frauen kauft ihr in Tansania produziertes Baumwollgarn selbst, färbt es hier selbst und webt damit ihre eigenen Produkte. Jedes Produkt ist einer der Frauen direkt zuordenbar und der Verkaufserlös geht an sie direkt. Der große Vorteil dieses Konzept ist, dass sich die vielbeschäftigten Mütter nicht eine fixe Anzahl an Stunden jede Woche freischaufeln müssen, sondern dann produzieren können, wenn sie eben Kapazitäten frei haben. Es ist machbar für sie.

Foto: Manuela Federl


Die Arbeitsleistung von Frauen wird hier, wie leider fast immer und überall auf der Welt, oft nicht gesehen und kaum honoriert. „Das Bisschen Haushalt macht sich von allein, …“, das Lied aus den 70ger Jahren schein noch immer das Motto zu sein – nicht nur in Tansania. Selbst das erste weibliche Staatsoberhaupt im ostafrikanischen Staat hat daran nichts geändert. Die patriarchalen Strukturen sind stark, sehr stark. Besonders hart trifft es alleinerziehende Frauen, das erklärt uns nicht nur Mama Prisca. „Viele Männer behandeln uns, als wären wir nichts wert, denken wir sind Prostituierte. Unser Leben ist hart, ganz besonders hart.“, sie sprechen offen über diese Herausforderungen und Ungerechtigkeiten. Die Gruppe ist füreinander da, die Frauen helfen einander. Der Rückhalt tut ihnen gut, das merkt man. Hier ist ein sicherer Hafen, ein Raum, der nur ihnen gehört. Sie stärken einander den Rücken, sie bieten einander eine Schulter zum Anlehnen, sie meistern das Leben „pamoja“, zusammen. Ein Zeichen der Hoffnung.
Wir freuen uns, dass wir nach intensiven und spannenden Gesprächen mit den Weberinnen darauf mit ihnen gemeinsam neue Wege zu gehen und sie und ihre tollen Produkte zu unterstützen. „Wanawake wanaweza – Frauen schaffen das!“

Foto: Manuela Federl
Einige der Produkte der Weberei (Foto: Manuela Federl)

Und jetzt mal ganz konkret ….

Mit wie wenig man schon viel bekommen kann sehen wir hier jeden Tag,  aber auch,  wie oft selbst dieses Wenige fehlt. Es fehlt vielen am Nötigsten und das Einkommen ist Meist abhängig von dem Ertrag aus der Landwirtschaft und damit vom Wetter. Es reicht in vielen Jahren nicht für das Schulgeld der Kinder, die medizinische Grundversorgung oder die Rücklagen für  die Aussaat im kommenden Jahr.

“Mit welcher Summe könnt ihr denn was anfangen?”, diese Frage taucht immer wieder bei unseren Unterstützerinnen und Unterstützern auf. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: “Mit jeder.”

Wir freuen uns über jede Unterstützung, ganz egal die klein oder groß.  Viele Tropfen füllen einen Eimer genauso. Aber damit es alles etwas greifbarer wird hier ein paar aktuelle Zahlen:

  • 5 € entsprechen einem Huhn (beispielsweise für die Frauengruppe in Viwanja Sitini)
  • 25 € sind genug um eine Ziege oder ein Schwein zu kaufen (wenn man zum Beispiel eine Familie im Dorf unterstützen möchte)
  • 35 € ist der Preis einer Schulbank (wie sie in der Grundschule in Katindiuka benötigt werden)
  • 60 € können für 3 Bauernfamilien Saatgutpakete bedeuten ( zum Beispiel für die Sonnenblumenaussaat)
  • 350 € können einem Kind den Schulbesuch ermöglichen (wie in unserem Stipendienprogramm)
  • 600 € aufwärts kann ein Studienplatz im Jahr kosten

Selbst mit kleinen Summen kann man für einzelne Menschen etwas großes bewirken – so konkret kann eure Hilfe sein.

Anke für euer Vertrauen in uns.

Hühner als zusätzliche Einkommensquelle
Ein Schwein oder eine Ziege kann der Beginn einer Zucht sein
Eine Schulbank hilft gleich mehreren Schüler*innen
Egal ob Sonnenblumen, Reis oder Mais – ein Saatgutpaket kann nie schaden
Nicht alle können sich Bildung leisten, eine Bildungspatenschaft hilft

Reisen auf der Reise

In diesem Blog wollen wir euch nicht nur unsere Projekte, sondern auch die Lebenswelt von den Menschen in Ifakara und Tansania näher bringen. Transport und Mobilität sind auch für die Menschen hier wichtige Themen. Oftmals leben Familien vertreut über das ganze Land, weil zum Beispiel ein Kind weit entfernt die Ausbildung oder das Studium absolviert.

Auch wir begeben uns auf eine Reise auf der Reise. Es geht in den Süden des Landes, für ein paar Tage bevor wir uns auf den Heimweg machen. Auch von dort aus werde ich euch noch von unseren Begegnungen in Ifakara und wichtigen Themen für uns als Verein erzählen.

Unterwegs sein und Reisen ist in Tansania nicht so komfortabel wie in Europa. Für kurze Strecken, auch innerhalb von Orten und Städten werden vor allem die Motorradtaxis (Bodaboda oder Pikipiki genannt) und die motorisierten Rikshas (sogenannte Bajajis) genutzt. Für sie gelten andere Verkehrsregeln. Also nicht offiziell, aber man hat doch das Gefühl, wenn man an einer roten Ampel in Dar es Salaam steht und 7 Motorräder an einem vorbeidonnern und in die Kreuzung einfahren. Und es ist erstaunlich, wieviele Menschen auf ein Motirrad passen. Manchmal sehen wir neben dem Fahrer noch bis zu 4 Kunden auf den “Taxis”. Die Gefahren bei Unfällen sind natürlich enorm.

Uns sind die Bajajis lieber, ein auf ihren 3 Rädern scheinbar jedes Schlaglöcher und jede Unwägbarkeiten meistern können – oder es zumindest versuchen. Herausfordernd, wenn in dem kleinen Fahrgastraum, in dem man zu zweit bequem sitzen kann, oftmals nicht weniger als 3 Erwachsene und 2 Kinder sitzen und stehen.

Fernreisen sind im Regelfall sehr beschwerlich. Die leistbaren Transportmittel sind für die meisten Menschen hier die Fernbusse, oftmals überfüllt und bekannt für den rasanten Fahrstil. Unfälle sind häufig und auf unserem Weg heute passieren wir auch wieder einem Bus im Straßengraben.

Auch die Straßenverhältnisse sind herausfordernd. Für gut 500 km mehr als 8 Stunden zu brauchen ist keine Seltenheit. In der Regenzeit kommen noch Überflutungen dazu. 

Wir denken nicht zum ersten Mal darüber nach, was wir alles als selbstverständlich nehmen in unserer Heimat. Wir vergessen manchmal, wie glücklich wir uns schätzen können und wie zufrieden wir eigentlich sein müssten.

Schritt für Schritt zu neuen Ideen

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, so sagt man. Veränderungen fallen uns nicht immer leicht. Das ist in Europa nicht anders als hier. Und nur allzu leicht fallen wir zurück in alte Muster.

Veränderung braucht Zeit und einen langen Atem.

Im Gespräch entstehen neue Ideen ( Foto: Manuela Federl)

Die Kunst ist es oft die Menschen in unserem Netzwerk und unseren Projekten  zu verbinden, die bereit sind an diesen Veränderungen zu arbeiten und ihre Zeit und Energie dahingehend zu investieren. Wenn sich ihr Einsatz lohnt, sind sie Botschafterinnen und Botschafter für die positiven Auswirkungen etwas Neues zu versuchen.

Dabei ist es ganz egal, ob es ein Bauer ist, der durch den Sonnenblumenanbau seinen Jahresbedarf an Speiseöl selbst decken kann, oder die Frau, deren Maisfeld mehr Gewinn abwirft, seit sie die Pflanzen anbaut, oder auch unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten, die durch ihre Ausbildung neue Ideen mit nach Hause bringen.

Es sind aber auch die Projektgruppe, die von unseren Partnern vor Ort die Idee bekommt ihr eigenes kleines “Kreditinstitut” zu werden. Bereits bei früheren Besuchen hat uns dieses Konzept sehr gefallen. Bei den Treffen zahlen alle Gruppenlitglieder in eine Gemeinschaftskasse ein, über die genau Buch geführt wird. Wenn eine finanzielle Notsituation eintritt, können sich einzelne Mitglieder einen Kredit zu vorher vereinbarten Konditionen auszahlen lassen und über einen längeren Zeitraum wieder zurückzahlen. Von den Zinsen profitiert die gesamte Gruppe. Das fördert nicht nur den Zusammenhalt in der Gruppe, sondern auch die Unabhängigkeit.  Und das gibt Raum und Möglichkeit für das Entstehen von neue Ideen.

Wir freuen uns, dass wir auch diese neuem Ideen wieder unterstützen dürfen und damit Menschen dabei helfen können ihr Potential zu entfalten. Das alles braucht natürlich Zeit. Aber auch wir als Verein haben einen langen Atem, immerhin sind wir seit über 20 Jahren hier tätig und haben nicht vor unsere Arbeit zu beenden.

Stipendien, die allen helfen

Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern durch Stipendien ist uns ein besonderes Anliegen. Diese Projekte gibt es seit der Gründung des Vereins. Aber warum sind sie so wichtig?

Die Chancen auf Bildung sind hier sehr ungleich verteilt und oft eine Frage der Erreichbarkeit und auch des Geldes. Es gibt zwar eine Schulpflicht, die praktische Umsetzung ist aber mach wie vor nicht flächendeckend geschehen. Oft findet man besonders in den ländlichen Regionen Kinder, die keine Schule besuchen. Die Gründe dafür können zum Beispiel die Kosten der Schule, aber auch die benötigte Arbeitskraft der Kinder Zuhause bzw auf den Feldern sein. Ein ehemaliger Stipendiat hat in einem Gespräch mit mir einmal sinngemäß gesagt: “Man kann nicht 2 Herren dienen – der Bildung und der Familie.” Vor dieser Herausforderung stehen aber die allermeisten Schülerinnen und Schüler.

Nach der Schule (oft auch vorher) haben sie ihre Pflichten in der Fanilie zu erfüllen. Sie putzen, kochen, helfen beim Wasserholen und in der Landwirtschaft.  Zeit zum Lernen bleibt Zuhause im Regelfall nicht. Das gefährdet den Lernerfolg massiv, ganz besonders, wenn sich die jungen Menschen auf die landesweiten Zentralexamen vorbereiten.  Bei diesen Leistungsüberprüfungen entscheidet sich die Zukunft der Schulausbildung, denn nur wer gut genug abschneidet darf weiter zur Schule gehen und für viele weiterführende Studiengänge und vergleichbare Ausbildungen ist vorgeschrieben wie gut man im Landesschnitt gewesen sein muss.

Darum ist es uns ein besonderes Anliegen die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, deren Familien nur sehr geringes Einkommen haben, deren Schulerfolg aber sehr gut ist.

Niarira Mbaga (Foto Manuela Federl)

Manchmal ergeben sich ganz unverhofft Begegnungen, die sich zu einem Erstgespräch über ein mögliches Stipendium entwickeln. So auch bei der Familie von Witness, deren Familie wir auf den Weg zurück von einem Besuch auf den Feldern treffen. Das Einkommen kommt ausschließlich aus der Landwirtschaft und ihr Vater erklärt uns, dass es für ihn sehr wichtig ist, dass seine Kinder alle zur Schule gehen und fleißig lernen. Dafür will er gerne arbeiten, lacht Niarira, “Es ist meine harte Arbeit wert, wenn so meine Kinder eine gute Ausbildung bekommen und es vielleicht einmal besser haben als ich.” Er sieht wie wichtig Bildung ist, auch wenn er selbst nur die “Primary School”, also die ersten 7 Schuljahre absolviert hat. Der Vater von 4 Kindern weiß, dass sie nur über eine Ausbildung eine Chance haben ihr Leben zu verbessern.

Witness mit ihrem kleinen Bruder (Foto Manuela Federl)

Seine 16 jährige Tochter erzählt uns noch etwas schüchtern,  dasa sie jetzt in der 9. Schulstufe ist, in der 2. Leistungsgruppe, was sehr gut ist. Besonders großes Interesse hat sie am Naturwissenschaften und möchte diese auch weiter studieren.  Und dann? Das wichtigste ist ihr, dann ihre Familie unterstützen zu können, “So, wie sie es jetzt für mich tun.”

Eine andere Form des Generationenvertrags, aufgebaut auf der Verantwortung füreinander.

Knöcheltief im Schlamm

Die erneuten Regenfälle heute Morgen haben unsere Pläne für dem Vormittag etwas ausgebremst. Wenn es regnet sind manche Besuche einfach nicht möglich.

In der ersten Regenpause fahren wir los und der Weg wird etwas abenteuerlich, denn der Regen hat die Straße an vielen Stellen ausgeschwemmt. Rinnsale in allen Größen sind am Straßenrand und manchmal auch quer über die Straße zu sehen und Schlaglöcher füllen sich auf den ungeteerten Wegen. Die rote Erde wird zu Schlamm.

Wir fahren nach Kilama, einem der sehr ländlich geprägten Dörfer, die zu Ifakara gehören. Dort geht es zu Fuß weiter. Auf den Wegen,  die wir hier nutzen werden kann im Moment nicht einmal ein Fahrrad fahren.

Ein Mann Anfang 60 erwartet uns hier.  Viele Zähne sieht man nicht, wenn er lächelt, eigentlich fällt dann nur einer auf. Oswald ist sein Name. Er erzählt uns von den Herausforderungen, die ihn auf seinen Feldern beschäftigen. Durch die kleine Landwirtschaft muss er das gesamte Einkommen für seinen Haushalt erwirtschaften, also auch für seine Frau, deren Tochter und 2 seiner Enkelinnen. Das einfache Haus ist nicht groß und mit Gras gedeckt.

Auf dem schmalen Pfad zu seinem Feld steht das Wasser. Oswald geht uns voran bis wir auf seinem Feld stehen – das alles barfuß. Seine Füße verschwinden im nassen Erdreich. Doch er freut sich über die andauernden Regenfälle: “So hat der Reis eine Chance zu wachsen.” Die Ernte reicht nicht immer aus um die Familie durch dad ganze Jahr zu bringen. Da war die Hilfe mit den Sonnenblumensamen im letzten mehr als willkommen. “Obwohl das Wetter sehr schlecht war, konnte ich ernten ….ich war sehr froh, auf wenn ich hoffe, dass es dieses Jahr noch mehr wird.” Sonnenblumen hat er zum ersten Mal angebaut. Jemand aus dem Projekt hatte ihm davon erzählt und er wollte es ausprobieren.

Neues zu versuchen fällt oft nicht leicht. Aber die rasanten klimatischen Veränderungen zwingen die Menschen hier dazu schnell tätig zu werden. Wir freuen uns, wenn unsere Hilfe hier dazu beitragen kann.

Die Sache mit dem Regen

Regen ist wichtig. Ohne Wasser, kein Leben – eine einfache Rechnung.

Die Nahrungsgrundlage für die meisten Menschen in Ifakara ist Reis. Er ist das, was bei uns das sprichwörtliche tägliche Brot ist. Um Gris anbauen zu können, braucht es Regen, denn die Pflanzen gedeihen nur auf nassen Flächen. Regent es nicht,  ist die Ernte verloren. Viel Regen bedeutet aber wiederum andere Herausforderungen. Die Wege, Pfade und kleinen ungeteerten Straßen verwandeln sich in schlammige Hindernisse, die nur mir größter Mühe passiert werden können. Alles was zur Verfügung steht wird nun als Hilfsmittel zum Bau von Behelfsstegen oder Tritthilfen herangezogen. Vom Ziegelstein bis zum Stück Holz, vom Plastikeimer bis zum alten Autoreifen … alles kann benutzt werden.

Wie schnell die Situation sich hier verändern kann haben wir diese Woche gesehen. Nach einer Nacht Regen steigen die Flusspegel des Kilombero oft schon massiv und dad obwohl der Fluss schon ein Vielfaches der normalen Breite seines Flussbetts überschwemmt hat.

Fischer können nicht zu ihren gewohnten Fishgründen fahren. Sie suchen im nun überschwemmten Grasland rund um den Kilombero nach kleineren Fischen. Eine mühsame und durch die Krokodile auch gefährliche Arbeit, die leider kaum Ertrag bringt. Der Tagesumsatz reicht kaum zur Ernährung der Familie – eigentlich reicht er gar nicht.

Für die Landwirtinnen und Landwirte sind die Herausforderungen zum Teil nicht kleiner. Ganze Felder (vor allem mit Mais) verwandeln sich in Seen. Die Unvorhersehbarkeit ist hier das Hauptproblem. Wo im einen Jahr der Reis gedeiht,  kann im nächsten Jahr alles vertrocknet sein. Auf Flächen,  auf denen der Mais in diesem Jahr fleißig seine Kolben ausbildet, kann im Folgejahr ein Teich entstehen. Immer wieder zeigen uns die Menschen in Ifakara bei unseren Besuchen, welchen Herausforderungen sie hier ausgesetzt sind. Versicherungen für Ernteausfälle gibt es nicht. Wer nicht erntet, der hungert. Wenn wir nach Problemen fragen,  ist in den letzten Tagen die Antwort meist: “Hali ya hewa.”, das Wetter.

Diese Unvorhersehbarkeit der Regenfälle schafft in einem Land, das seine Jahreszeiten nicht wie wir in Frühling,  Sommer,  Herbst und Winter einteilen, sondern v.a. zwischen Trocken- und Regenzeiten unterscheidet, unglaubliche Herausforderungen.

Eine der Frauen, die uns von diesen Herausforderungen berichtet ist Mwajuma. Sie steht auf ihrem Maisfeld zwischen den Jungpflanzen, die sie im März ausgesät hat. “Kwa mikono.”, mit meinen Händen. Den Großteil der Arbeit auf den Feldern wird hier händisch erledigt. Auf dem Weg durchs Feld zupft sie immer wieder Unkraut aus – wenn man schon mal da ist, kann man auch solche Kleinigkeiten erledigen.

Mwajuma war die letzten Jahre eine der Frauen, die in unserem Sonnenblumenanbau Projekt gute Erfolge erzielt hat. Dieses Jahr wurden bisher keine Sonnenblumen Samen ausgegeben – die Regenzeit war zu unberechenbar.  Wenn sich alles gut entwickelt werden sie Ende Mai verteilt. Auf dem Feld, auf dem wir jetzt stehen hat sie vor 2 Jahren rund 500 kg Kerne geerntet, das entspricht ca 60 Liter Öl. Für den Eigenbedarf absolut ausreichend, sagt sie. Letztes Jahr hat die Flut alles mitgerissen, die Überschwemmungen waren verheerend. Sie hofft, dass es in diesem Jahr wieder besser wird und bald zwischen den Maisreihen auch Reihen von Sonnenblumen wachsen werden.

“Aber nicht nur die Samen waren wichtiger für mich. Ich habe auch gelernt, dass ich bei der Aussaat immer auf die Reihen achten muss. Vorher habe ich immer alles so angebaut, wie man es bei uns immer schon gemacht hat. Keine Neuerrungen. Aber der Ertrag ist mit der neuen Methode besser. Ich will Neues lernen, auch wenn ich nicht mehr kung bin.”, sie lacht beim letzten Satz.

Und so wirken Projekte nach, selbst wenn sie gerade nicht laufen und verbessern so Schritt für Schritt das Leben von Menschen.